Vertragsauslegung und Vertragsanpassung

 

Vertragsauslegung und Vertragsanpassung sind zentrale Elemente des OR AT. Entweder kommt Art. 1 oder Art. 18 zur Anwendung.

Vertragsauslegung

Jede Willenserklärung besteht aus:

  • Äusserer Erklärungstatbestand: Was man sagt (siehe Vertrauensprinzip)
  • Innerer Wille: Was man meint (siehe Art. 18 OR)

Grundsätzlich wird bei ungleichen Willenserklärungen nach dem Vertrauensprinzip (Art. 1 Abs. 1 OR) darauf geschaut was gesagt wurde, was also eine unabhängige dritte Person gehört hätte, egal was einer falsch gesagt hat.

Wenn allerdings beide Parteien etwas Falsches sagen, aber das Gleiche meinten (ein beweisbar tatsächlich übereinstimmender Wille), zählt ausnahmsweise, was sie eigentlich meinten. Der Art. 18 OR greift hier.
Bsp.: Haakjöringsköd–Fall oder simulierte Geschäfte/ dissimulierte Geschäfte

 

Simuliertes und Dissimuliertes Geschäft

Beide Parteien täuschen eine einvernehmlich falsche Willenserklärung vor, um die wahren Absichten hinter dem Vertrag zu verbergen. In diesem Fall greift Art. 18 OR.
Das simulierte Geschäft (Scheingeschäft) ist die vordergründig falsche Aussage. Die Parteien erzielen zwar prinzipiell normativen Konsens über das Scheingeschäft.

Das dissimulierte Geschäft (Umgehungsgeschäft) meint das eigentliche dahinter versteckte Geschäft. Die Parteien erzielen natürlichen Konsens (wirklicher übereinstimmender Wille).

Bei dem simulierten/dissimulierten Geschäft verdrängt der natürliche Konsens der normative Konsens. Ein Vertrag ist ausnahmsweise über den wirklichen Willen zustande gekommen und nicht über das Gesagte.

Bsp.: Zwei Freunde sagen: «Komm wir gehen Cola trinken, ich bezahle dir eines.» Sie meinen aber beide eigentlich Bier. Der Freund muss ihm also ein Bier bezahlen.

Simuliertes Geschäft = Cola trinken = normativer Konsens
Dissimuliertes Geschäft = Bier trinken = natürlicher Konsens wird gemäss Art. 18 OR bevorzugt.

 

Anpassung von Verträgen

Gibt es Anpassungsklauseln im Vertrag, gelten die und haben Vorrang.

Gibt es keine Anpassungsklauseln, kann das Gericht in einem krassen Fall Verträge anpassen. Z.B bei:

  • Unzumutbare Gründe Mietvertrag kündigen
  • Wenn ohne Verschulden eine Leistung des Schuldners «unmöglich» wird, gilt sie als erloschen
  • Lohnanpassung in Form einer Hyperinflation
  • Grundlegende Änderung der Umstände
Vertragsauslegung und Vertragsanpassung OR AT #5

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