Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen
Völkerstrafrecht ist ein Teil des Völkerrechts, es umfasst alle Normen, um die schlimmsten Verbrechen (core crimes), welche die internationale Gemeinschaft als Ganzes berühren zu ahnden.
Die Schweiz ist grds. gemässigt monistisch. Das heisst Völkerrecht braucht oft keine Transformationsgesetze und gilt direkt auch als Landesrecht. Trotzdem hat die Schweiz den «zwölften Titelbis und ter» des StGB eingeführt und ahndet somit alle Verbrechen des Römer Statuts mithilfe des Schweizer StGB.
Schon vor der Ratifizierung des Römer Statuts hat die Schweiz die meisten dieser Verbrechen bereits verfolgt. Der Römer Statut verlangt aber Komplementarität, d.h. Abgleichung des nationalen Gesetzes. Somit wurden unter anderem Verjährungsfristen auf unverjährlich angehoben.
Übersicht
- Internationaler Strafgerichtshof (IStGH/ ICC)
- Art. 264 Völkermord
- Art. 264a Verbrechen gegen die Menschlichkeit
- Art. 264b-j Kriegsverbrechen
Internationaler Strafgerichtshof (IStGH/ ICC)
Der internationale Strafgerichtshof (ICC = International Criminal Court) hat seinen Sitz in Den Haag.
Das Internationale Abkommen des ICC nennt sich «Römer Statut des internationalen Strafgerichtshofs». Abgeschlossen wurde es in Rom am 17. Juli 1998 und am22. Juni 2001 on der Bundesversammlung genehmigt.
Der ICC ist gemäss Art. 5 des «Römer Statuts» das zuständige Gericht bei vier Verbrechen:
- Völkermord;
- Verbrechen gegen die Menschlichkeit;
- Kriegsverbrechen;
- das Verbrechen der Aggression.
Der International Strafgerichtshof wird aktiv, wenn:
- Der Zuständige Staat selbst keine Verfahren führt und er den ICC um ein Verfahren bittet;
- Wenn der UN Sicherheitsrat eine Zuweisung macht;
- Der zuständige Staat selbst kein Verfahren führt. Der Chefankläger des ICC kann selbst ein Fall an sich ziehen und Anklage erstatten
Zwölfter Titelbis, Art. 264 Völkermord
- Tatbestand
- Obj. Tatbestand
- Tatobjekt (eine durch ihre Staatsangehörigkeit, Rasse, Religion oder ethnische, soziale oder politische Zugehörigkeit gekennzeichnete Gruppe)
- Tätereigenschaft (Jeder)
- Handlung (Gruppe ganz oder teilweise vernichten (1))
- Subj. Tatbestand
- Vorsatz (Wissen und Willen der Tatbestandsverwirklichung)
- Absicht, eine solche Gruppe ganz oder teilweise zu vernichten
- Obj. Tatbestand
- Rechtswidrigkeit
- Schuld
- Sonstige Strafbarkeitsvoraussetzungen
(1) Gruppe ganz oder teilweise vernichten
Lit. a.: Mitglieder dieser Gruppe tötet oder auf schwerwiegende Weise in ihrer körperlichen oder geistigen Unversehrtheit schädigt;
Lit. b.: Mitglieder der Gruppe Lebensbedingungen unterwirft, die geeignet sind, die Gruppe ganz oder teilweise zu vernichten;
Lit. c.: Massnahmen anordnet oder trifft, die auf die Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe gerichtet sind;
Lit. d.: Kinder der Gruppe gewaltsam in eine andere Gruppe überführt oder überführen lässt.
Zwölfter Titelbis, Art. 264a Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Es handelt sich um Erfolgsdelikte, welche erst vollendet sind, wenn Menschen zu Schaden gekommen sind.
Im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung:
a. Vorsätzliche Tötung
b. Ausrottung
c. Versklavung
d. Freiheitsberaubung
e. Verschwindenlassen von Personen
f. Folter
g. Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung
h. Vertreibung oder zwangsweise Überführung
i. Verfolgung und Apartheid
j. Andere unmenschliche Handlungen
Vorsatz (bzgl. der jeweils aufgeführten Tat)
Abgrenzung zu normalen Delikten
Am Bsp. der vorsätzlichen Tötung lässt sich die Abgrenzung leicht erkennen. Wann ist es ein Art. 111 und wann wird die Tat zu einem Art. 264?
Chapeau-Element: mehrfache Begehung schwerer Taten gegen Zivilisten, die von staatlicher oder anders organisierter Macht ausgeht.
Policy-Element: ein planmässiges Vorgehen oder eine politische Absicht eines Staates oder einer Organisation.
Denn diese Umstände erleichtern die Begehung der einzelnen Taten und erschweren die Gegenwehr
Zwölfter Titelter, Art. 264b-j Kriegsverbrechen
Die Art. 264b-n finden Anwendung bei internationalen, bewaffneten Konflikten.
Art. 264 c: Schwere Verletzungen der Genfer Konventionen
Art. 264 d: Angriffe gegen zivile Personen und Objekte
Art. 264 e: Ungerechtfertigte medizinische Behandlung, Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung und der Menschenwürde
Art. 264 f: Rekrutierung und Verwendung von Kindersoldaten
Art. 264 g: Verbotene Methoden der Kriegführung
Art. 264 h: Einsatz verbotener Waffen
Art. 264 i: Bruch eines Waffenstillstandes oder des Friedens. Vergehen gegen einen Parlamentär. Verzögerte Heimschaffung von Kriegsgefangenen.
Art. 264 j: Andere Verstösse gegen das humanitäre Völkerrecht