Betrug und Betrugsähnliche Delikte

 

Betrug und Betrugsähnliche Delikte sind ein Teil der Vermögensdelikte, alle Delikte, die Eigentum oder Vermögen einer anderen Person schützen, beinhalten. In Art. 137-160 StGB sind sie geregelt. Zur Übersicht werden im folgenden weitere Unterteilungen vorgenommen.

Betrug und Betrugsähnliche Delikte , Aneignungsdelikte, Delikte gegen das Vermögen überhaupt, Eingetumsverschiebungsdelikte, Sachentziehungsdelikte, Betrug und Betrugsähnliche Delikte, Weitere Vermögensdelikte,
Übersicht über die Vermögensdelikte

 

Art. 146 Betrug

Es handelt sich um ein Erfolgsdelikt, bei dem Das Rechtsgut «Vermögen» geschützt ist.

  1. Tatbestand
    1. Obj. Tatbestand
      1. Tätereigenschaft (jeder)
      2. Tatobjekt (eine andere Person)
      3. Handlung arglistige Täuschung (mehr als eine plumpe Lüge (1))
      4. Irrtum (Auseinanderfallen von Wirklichkeit und Vorstellung. Irrtum muss durch die arglistige Täuschung hervorgerufen worden sein.)
      5. Vermögensdisposition (2)
      6. Vermögensschaden (Verminderung der aktiven, Vermehrung der passiven oder ein entgangener Gewinn (3))
      7. Erfolg (Bereicherung des Täters oder eines Dritten)
      8. Kausalität (zw. Handlung und Erfolg)
      9. Obj. Zurechnung
    2. Subj. Tatbestand
      1. Vorsatz (Wissen und Wollen)
      2. Bereicherungsabsicht
        1. Täter will sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil verschaffen
        2. Unrechtmässigkeit des Vermögensvorteils
        3. Stoffgleichheit von Vermögensvorteil und Vermögensschaden (Was beim Opfer als Schaden vorliegt, ist genau das, was beim Täter als unrechtmässiger Vermögensvorteil dazugekommen ist.)
  2. Rechtswidrigkeit
  3. Schuld

 

(1) arglistige Täuschung

Täuschung Definition

Vorspiegelung falscher Tatsachen oder Unterdrückung von wahren Tatsachen.

Prognosen («Eine Entwicklungsfähige Aktie») und Werturteile («Die beste Maschine auf dem Markt») sind keine Tatsachen und somit nicht geeignet.
Täuschen kann man ausdrücklich oder konkludent, sowie durch ein Unterlassen der Aufklärung, wenn eine Garantenpflicht (Aufklärungspflicht) besteht.

Arglist Definition

Arglistig ist das Verhalten dann, wenn es mehr als nur eine plumpe Lüge ist, die sich kaum oder gar nicht überprüfen lässt. So z.B. wenn der Täter ein ganzes Lügengebäude aufbaut, sich mit grösserem Aufwand täuschenden Machenschaften bedient, seine Behauptungen durch Belege (z.B. gefälschte Urkunden) oder Handlungen (Verkleidung) stützt, wenn die Behauptungen gar nicht oder nur schwer auf ihre Richtigkeit überprüft werden können oder wenn der Täter versucht das Opfer von den Überprüfungen abzuhalten oder wenn es voraussehbar ist, dass das Opfer von einer Überprüfung absehen wird oder wenn er ein persönliches Vertrauensverhältnis ausnutzt.

War die Täuschung in zumutbarer Weise überprüfbar, dann handelt es sich nicht um einen Betrug. Das Strafgesetz schützt somit die Dummen und Unerfahrenen nicht aber die leichtfertigen, risikobereiten sowie faulen Opfer.

 

(2) Vermögensdisposition

Vermögensdisposition Definition

Jede Handlung, Duldung oder Unterlassen, die geeignet ist eine Vermögensverminderung herbeizuführen. (Auszahlung von Geld, Herausgabe von Sachen, erbringen von geldwerten Leistungen, Verzicht auf Forderungen oder Eingehen vertraglicher Verpflichtungen)

Verfügung über fremdes Vermögen – Abgrenzung von Diebstahl und Betrug

Es kommt drauf an, ob der Verfügende (der, der die Sache herausgibt, Geld überweist) zur Vermögensdisposition berechtigt war oder nicht.

Nicht berechtigt: Diebstahl in mittelbarer Täterschaft. Der Verfügende ist dabei das Werkzeug.

Berechtigt: Dreiecksbetrug, was eigentlich ein normaler Betrug ist.
Berechtigt ist man:
Befugnistheorie: Wenn der Verfügende rechtlich befugt ist über die Sache/Vermögen zu verfügen.
Lagertheorie h.M.: Auch wenn der Verfügende nur faktisch über die Sache/Vermögen verfügen kann.

 

(3) Vermögensschaden

Juristischer Vermögensbegriff: Alle Güter, die das Gesetz schützt. (Nichts Illegales)

Wirtschaftlicher Vermögensbegriff: Alle Güter, die irgendeinen wirtschaftlichen Wert haben. (Auch Illegales wie Drogen oder Forderungen aus Kriminaltaten)

h.M. – Juristisch-wirtschaftlicher Vermögensbegriff: die Summe aller rechtlich geschützten Güter, die einen wirtschaftlichen Wert haben.

Definition Vermögensschaden

Das Vermögen ist geschädigt, wenn weniger Aktiven, mehr passiven oder ein entgangener Gewinn vorliegt, also wenn der Gesamtwert des Vermögens verringert wurde.

Individueller Schadenseinschlag

Ob ein Vermögensschaden vorliegt muss auch immer objektiviert aber aus der individuellen Perspektive des Opfers gesehen werden.
So kann es bspw. sein, dass jemandem billiger Wein verkauft wird zu einem hohen Preis, das Opfer des Betrugs aber ist trotzdem zufrieden mit dem Deal und hält den Wein für den besten, den es je getrunken hat.

Der objektive individuelle Schadenseinschlag ist zu bejahen, wenn:

1. Theorie: Ein ungünstiges Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht (weit)
2. Theorie: Zugesicherte Eigenschaften der Leistung nicht vorliegen – BGer (mittel)
3. Theorie: Der angedachte Zweck verfehlt wird. Wenn man die Sache nicht so gebrauchen kann, wie man möchte (eng)

 

Die Betrugskette

Arglistige Täuschung Irrtum Vermögensdisposition Vermögensschaden Bereicherung des Täters oder eines Dritten

Bei der gesamten Kette muss ein Kausalzusammenhang und ein Motivationszusammenhang bestehen. Das heisst das eine muss zum anderen geführt haben (Kausalzusammenhang) und der Täter muss die Motivation/ Absicht haben, die ganze Kette zu durchlaufen mit seinen Taten.

 

Qualifikation und Privilegierung des Betruges

Art. 146 Abs. 2: Wer Gewerbsmässig betrügt, d.h. sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen versucht, wird härter bestraft.

Art. 146 Abs. 3: Wer ein Familiengenossen oder Angehörigen betrügt, wird milder bestraft.

 

Art. 147 Betrügerischer Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage – ähnlich Betrug

Art. 147 ähnelt zwar dem Betrug, es wird aber nicht ein Mensch getäuscht, sondern eine Datenverarbeitungs- oder Übermittlungsvorgang.
Eine unbefugte Person verwendet Daten in richtiger Art und Weise. Z.B. wenn mit einer gestohlenen Karte und PIN dem Geldautomaten vorgegaukelt wird, man sei der rechtmässige Inhaber der Karte.

  1. Tatbestand
    1. Obj. Tatbestand
      1. Tätereigenschaft (jeder)
      2. Tatobjekt (ein anderer)
      3. Handlung (Einwirkung auf Datenverarbeitungs- oder Übermittlungsvorgang durch unrichtige, unvollständige oder unbefugte Verwendung von Daten oder in Vergleichbarer Weise (Auffangklausel))
      4. Erfolg (Vermögensschaden oder Verdeckung einer Vermögensverschiebung)
      5. Kausalität (zw. Handlung und Erfolg)
      6. Obj. Zurechnung
    2. Subj. Tatbestand
      1. Vorsatz (Wissen und Wollen)
      2. Bereicherungsabsicht (einen wirtschaftlichen Vermögensvorteil anstreben, auf den man keinen Anspruch hat)
  2. Rechtswidrigkeit
  3. Schuld

 

Art. 148 Check- und Kreditkartenmissbrauch

Eine Person verwendet Daten in einer unbefugten Art und Weise. Z.B. die Kreditkarte absichtlich überbelasten. Art. 148 ist somit das Gegenstück zu Art. 147.

  1. Tatbestand
    1. Obj. Tatbestand
      1. Tätereigenschaft (Berechtigter Inhaber einer Check- oder Kreditkarte oder eines gleichartigen Zahlungsinstruments)
      2. Tatobjekt (Kreditkartenunternehmen)
      3. Handlung (Verwenden der Check- oder Kreditkarte, bei Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungsunwilligkeit (1))
      4. Erfolg (Erhalten einer Vermögenswerten Leistung und dadurch Vermögensschaden beim Kartenaussteller)
      5. Kausalität (zw. Handlung und Erfolg)
      6. Obj. Zurechnung
    2. Subj. Tatbestand
      1. Vorsatz (Wissen und Wollen)
  2. Rechtswidrigkeit
  3. Schuld
  4. Objektive Strafbarkeitsvoraussetzungen
    1. Kartenaussteller und Vertragsunternehmen haben die ihnen zumutbaren Massnahmen gegen den Missbrauch der Karte ergriffen.

 

(1) Zahlungsunfähigkeit und Zahlungsunwilligkeit

Zahlungsunfähigkeit: Voraussichtlich dauerndes Unvermögen Rechnungen zu begleichen.
Zahlungsunwilligkeit: Wenn kein Wille zur Begleichung der Rechnung ersichtlich ist, auch wenn Zahlungsunfähigkeit nicht nachweisbar ist.

 

Qualifikation nach Abs. 2

Gewerbsmässigkeit, also wenn der Täter versucht, durch diese Tat seinen Lebensunterhalt zu verdienen.

 

Art. 150 Erschleichen einer Leistung

Art. 150 ist ein Antragsdelikt. Auffangtatbestand für die anderen, oben genannten Tatbestände, in dem eine geldwerte Dienstleistung, ohne zu zahlen erschlichen wird zum Nachteil eines anderen. Dabei müssen Einlasskontrollen, Absperrungen, Konduktoren oder andere Hürden umgangen oder getäuscht werden.

z.B. Einschleichen bei Konzert, Vergnügungspark, Museum. Schwarzfahren, benutzen von Datenbanken wie Swisslex, verschlüsselte TV-Kanäle unbefugt schauen.

Eine Leistung zu einem vergünstigten Tarif erhalten ist nicht erfasst von Art. 150. (z.B. behaupten, das Kind sei noch nicht 9 Jahre alt)

 

In Bezug auf Schwarzfahren

Erschleichen einer Leistung wird nur angenommen, wenn der Täter Sicherungsvorkehrungen umgeht, sich versteckt oder sonst wie durch Täuschendes Verhalten versucht die Leistung zu erlangen.
Sich schlafend stellen oder einfach nicht reagieren bei der Billetkontrolle ist nicht von Art. 150 erfasst.

Aber Achtung, das Personenbeförderungsgesetz (PBG) erlaubt, den Transportunternehmen auch fahrlässige, oder sich schlafen stellende Schwarzfahrer zu bestrafen.

 

Art. 156 Erpressung

  1. Tatbestand
    1. Obj. Tatbestand
      1. Tätereigenschaft (Jeder)
      2. Tatobjekt (Anderer)
      3. Handlung (Durch Gewalt oder Androhung ernstlicher Nachteile den anderen zu einer Vermögensverfügung nötigen)
      4. Erfolg (selbst verursachter Vermögensschaden beim Opfer selbst oder einem Dritten)
      5. Kausalität (zw. Handlung und Erfolg)
      6. Obj. Zurechnung
    2. Subj. Tatbestand
      1. Vorsatz (Wissen und Wollen)
      2. Bereicherungsabsicht (Vermögensvorteil, auf den man keinen Anspruch hat)
  2. Rechtswidrigkeit
  3. Schuld

 

Qualifikationen des Art. 156 StGB

Ziff. 2 Abs. 1: Gewerbsmässigkeit und/ oder fortgesetzte Erpressung gegen die gleiche Person
Ziff. 3: Räuberische Erpressung – Nötigung gegen Leib und Leben.
Ziff. 4: Gemeingefährliche/ öffentliche Interessen beeinträchtigende Erpressung (≥ 20 Personen) Nötigung gegen Leib und Leben vieler Menschen oder gegen öffentlich wichtige Sachen.

 

Abgrenzung Art. 156 Ziff. 3 (räuberische Erpressung) und Art. 140 Raub

Die h.M. besagt, dass es bei dieser Abgrenzung darauf ankommt, ob das Opfer denkt es kann noch mithandeln (Art. 156 Ziff. 3) oder, dass es nicht mehr mithandeln kann und das Geschehen nicht in seiner Hand liegt (Art. 140).

Betrug und Betrugsähnliche Delikte Strafrecht # 10

Ein Kommentar zu „Betrug und Betrugsähnliche Delikte Strafrecht # 10

  • 30/05/2022 um 01:37 Uhr
    Permalink

    Hallo Leute!
    Wie ist es bei einem Dreiecks-Betrug? Wenn ein Präsident des VR einen Dritten arglistig täuscht, und nur unter seinem physischen Namen einen Vertrag schliesst, und der Dritte dadurch eine unentgeltliche Leistung unwissentlich für die AG erbringt? Die von ihm alleine geleitete AG wird dadurch unzulässig bereichert. Der Dritte entdeckt erst später, dass er den Vertrag in der Tat nicht mit der physischen Person geschlossen hat sondern mit der AG. Wie sollte da die Stoffgleichheit gemäss Art. 146 Abs. 1 StGB ermittelt werden? Von wem soll der Schadenersatz verlangt werden, von der AG, oder von deren Präsidenten des VR, oder von den beiden?

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