Ehrverletzungsdelikte aus Strafrecht BT I

 

Ehrverletzungsdelikte setzen sich aus nur drei hauptsächlichen Tatbeständen zusammen: Art. 173 üble Nachrede, Art. 174 Verleumdung und Art. 177 Beschimpfung. Man unterscheidet bei Ehrverletzungen stets in Tatsachenbehauptung und Werturteile.

 

Übersicht

  • Definitionen
  • Übersicht Ehrverletzungsdelikte
  • Art. 173 Üble Nachrede
  • Art. 174 Verleumdung
  • Art. 177 Beschimpfung

 

Definitionen

Tatsachenbehauptung

Eine Tatsachenbehauptung ist eine Aussage, die man belegen oder widerlegen kann.
«Du bist ein Dieb»

Werturteile (Formalinjurie)

Ein Werturteil ist eine subjektive Aussage über die Wertung eines anderen Menschen oder die Kundgabe von Missachtung, sie lässt sich weder belegen noch widerlegen.
«Du bist unfähig und schlecht»

Gemischte Werturteile

Eine Mischung aus Tatsachenbehauptung und Werturteil. Sie werden wie Tatsachenbehauptungen behandelt und auch der Wahrheitsbeweis kann erbracht werden.
«Du bist ein unfähiger und schlechter Dieb»

Was ist Ehre: 3 Meinungen des BGer:

  • Ehre ist der Ruf, ein ehrbarer Mensch zu sein, d.h. sich so zu benehmen, wie sich ein anständiger Mensch verhält.
  • Ehre ist das Gefühl, ein achtbarer, ehrbarer Mensch zu sein und als solcher bewertet zu werden.
  • Ehre ist der legitime Achtungsanspruch, dass man als ehrbarer Mensch gilt.

Träger des Rechtsgutes Ehre

  • Lebende, natürliche Person (+)
  • Juristische Personen (str.) eher (+)
  • Kollektiv- und Kommanditgesellschaften (str.)
  • Verstorbene (-), sind aber von Art. 175 und 262 erfasst.
  • Behörden, Familien, Berufsgruppen (-)

 

Übersicht Ehrverletzungsdelikte

 

Gegenüber einem Dritten

Gegenüber dem Rechtsträger

Tatsachenbehauptung
gemischte Werturteile

Art. 173/ 174

Art. 177

Werturteil

Art. 177

Art. 177

 

Art. 173 Üble Nachrede

Nur bei Tatsachenbehauptung gegenüber einem Dritten. Wenn man nicht genau weiss, ob das was man behauptet stimmt oder nicht. Die üble Nachrede ist ein Zustandsdelikt und ein Tätigkeitsdelikt.

  1. Tatbestand
    1. Obj. Tatbestand
      1. Tätereigenschaft (Jeder)
      2. Tatobjekt (Ein anderer Mensch)
      3. Handlung (Beschuldigen, Verdächtigen oder Verbreiten eine Tatsachenbehauptung gegenüber einem Dritten. Ausserdem vorausgesetzt: Ehrenrührigkeit: Die Aussage ist geeignet den Ruf/ Ehre zu schädigen)
    2. Subj. Tatbestand
      1. Vorsatz (Er wollte mind. Eventualvorsätzlich die Ehre schädigen)
  2. Rechtswidrigkeit
    1. Allgemeine Rechtfertigungsgründe (Bsp. Wahrung berechtigter Interessen gemäss 173 Ziff. 3)
    2. Rechtfertigung durch Wahrheits- oder Gutglaubensbeweis (Art. 173 Ziff. 2 Abs. 2,3) (wenn er beweisen kann, dass seine Aussage wahr war oder dass er gutgläubig dachte, sie sei wahr.)

 

Art. 174 Verleumdung

Nur bei Tatsachenbehauptung gegenüber einem Dritten. Wenn man genau weiss, dass das was man behauptet nicht stimmt, aber extra Gerüchte in die Welt setzt. Es gibt kein Wahrheits- oder Gutglaubensbeweis, weil mit direktem Vorsatz eine Lüge verbreitet wurde. Es ist ein Tätigkeitsdelikt.

  1. Tatbestand
    1. Obj. Tatbestand
      1. Tätereigenschaft (Jeder)
      2. Tatobjekt (ein anderer Mensch)
      3. Handlung (Beschuldigen, verdächtigen oder verbreiten einer Tatsachenbehauptung, gegenüber einem Dritten. Ausserdem vorausgesetzt: Ehrenrührigkeit: Die Aussage ist geeignet den Ruf/ Ehre zu schädigen)
    2. Subj. Tatbestand
      1. Vorsatz (Er wollte die Ehre schädigen)
      2. Bewusste Unwahrheit der Aussage (Mehr als Eventualvorsatz)
  2. Rechtswidrigkeit
  3. Schuld

 

Art. 177 Beschimpfung

Subsidiärer Tatbestand, wenn Art. 173 und Art. 174 nicht einschlägig sind. Also meistens ausser es handelt sich um eine Tatsachenbehauptung gegenüber einem Dritten.

  1. Tatbestand
    1. Obj. Tatbestand
      1. Tätereigenschaft (Jeder)
      2. Tatobjekt (ein anderer Mensch)
      3. Handlung (Angriff auf die Ehre eines Menschen in anderer Weise (subsidiär zu Art. 173, 174)
    2. Subj. Tatbestand
      1. Vorsatz (Er wollte mind. Eventualvorsätzlich die Ehre schädigen)
  2. Rechtswidrigkeit
    1. Allgemeine Rechtfertigungsgründe (Bsp. Wahrung berechtigter Interessen gemäss 173 Ziff. 3)
    2. Rechtfertigung durch Wahrheits- oder Gutglaubensbeweis (Art. 173 Ziff. 2 Abs. 2,3) aber nur bei Tatsachenbehauptungen und gemischten Werturteilen (wenn er beweisen kann, dass seine Aussage wahr war oder dass er gutgläubig dachte, sie sei wahr.)
  3. Schuld
  4. Sonstige Strafbarkeitsvoraussetzungen
    1. Andere Strafbefreiungsgründe
      1. Provokation Art. 177 Abs. 2 (wenn Täter provoziert wurde)
      2. Retorsion Art. 177 Abs. 3 (Wenn beide sich beschimpft haben)
Ehrverletzungsdelikte Strafrecht # 6

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