Zentralverwaltung und dezentralisierte Verwaltung
Zentralverwaltung bedeutet, dass die Verwaltung für einen bestimmten Sachbereich von einer zentralen, staatlichen Institution geleitet wird. Z.B. die Verwaltung von kleinen Gemeinden.
Das Gegenstück ist die dezentralisierte Verwaltungsorganisation. Bei diesem System werden Verwaltungsaufgaben an verschiedenste Verwaltungsträger ausgelagert.
Zentralverwaltung auf Bundesebene
Der Bundesrat als Kollegialbehörde ist die oberste vollziehende und leitende Behörde. Die Bundesverwaltung arbeitet mit dem Bundesrat eng zusammen. Die Bundesverwaltung ist hierarchisch gegliedert in 7 Departemente und diese in viele weiter Bundesämter, welche dann wieder unterteilt sind in Abteilungen.
Der Bundesrat überträgt Geschäfte zur selbständigen Erledigung an die Bundesverwaltung.
Dezentralisierte Verwaltungsorganisation:
Die Dezentrale Verwaltungsorganisation funktioniert indem die Verwaltungsaufgabe in Teile zerschnitten wird und an öffentlich-rechtliche Anstalten, -Stiftungen und -Körperschaften, sowie Private Firmen delegiert wird.
Dezentrale Verwaltungsträger können öffentlich-rechtlicher Natur sein oder auch privater.
Sie können extra geschaffen werden oder bereits bestehende Träger in Anspruch genommen werden.
Dezentrale Verwaltungsträger Bsp.: SBB, Post, SUVA, Nationalbank, Kant. Gebäudeversicherung, Spitäler, Unis, Bankenkommission, Wettbewerbskommission.
Gründe für eine Auslagerung von Aufgaben an Träger
- Mehr Spezialisierung und dadurch grössere Effizienz in der Aufgabenerledigung.
- Bessere Markt- und Kundennähe und somit wirtschaftlicheres Handeln
- Entlastung der Zentralverwaltung
4-Kreise-Modell
Die Gesamtheit aller Verwaltungsaufgaben wird grob in 4 Bereiche (Kreise) eingeteilt:
- Zentralverwaltung: Erfüllt politische Aufgaben, erbringt hoheitliche Dienstleistungen
- Dienstleistungen mit Monopolcharakter (ETH, Skyguide, Institut für geistiges Eigentum)
- Aufgaben der Wirtschafts- und Sicherheits-aufsicht (Wettbewerbskommission, Finanzmarktaufsicht)
- Privatwirtschaftliche Dienstleistungen
Organisationen, welche ihre Dienst-leistungen am Markt in Konkurrenz zur Privatwirtschaft anbieten (Post, Swisscom, SBB)
Örtliche Dezentralisation
Mehrere nebeneinanderstehende Verwaltungsbehörden mit lokalem Wirkungsbereich. Solche Behörden können mit oder ohne Autonomie betreffend der Aufgabenerledigung ausgestattet sein. Auch die autonomeren dezentralisierten Verwaltungsträger unterstehen den Weisungen und der Kontrolle der Zentralverwaltung, bekommen vordefinierte Aufträge und müssen Bericht erstatten.
Gründe: Machtteilung, Förderung von Bürgernähe, Kenntnis über lokale Verhältnisse, Grundgedanke des Föderalismus gewahrt.
Öffentlich-rechtliche Körperschaften
Eine öffentlich-rechtliche Körperschaft ist eine Personenverbindung, die dem öffentlichen Recht untersteht. Sie ist mit Hoheitsgewalt ausgestattet und hat eine gewisse Selbständigkeit. Sie haben immer eine Rechtspersönlichkeit und werden relativ autonom verwaltet.
Gebietskörperschaften
Kriterium ist der Wohnsitz – Bsp.: Bund, Kantone, politische Gemeinden
Personalkörperschaften
Kriterium ist eine bestimmte persönliche Eigenschaft – Bsp.: universitäre Studentenschaften SKUBA
Realkörperschaften
Kriterium ist Eigentum – Bsp.: Genossenschaften von Grundeigentümer in der Landwirtschaft
Grds. Wird man automatisch und ohne dass man die Wahl hat, Mitglied einer Körperschaft.
Politische Gemeinden
Politische Gemeinden wie z.B. Basel, Rheinfelden, Arlesheim oder Frick sind Gebietskörperschaften, also öffentlich-rechtliche Körperschaften mit weitgehender Autonomie. Sie haben juristische Persönlichkeit gem. Art. 52 Abs. 2 ZGB und können dadurch bspw. prozessieren (z.B. BöA) und rechtliche Bindungen eingehen.
Die Gemeindeautonomie ist ein kantonales verfassungsmässiges Recht. Gemeindeautonomie heisst allerdings nicht, dass die Gemeinde alles autonom entscheiden kann. Teilweise muss die Gemeinde auch vorgegebene Entscheidungen der Kantone vollziehen.
Die Gemeinden haben Rechtsetzungsbefugnisse und Rechtsanwendungsbefugnisse. Sie müssen sich an das übergeordnete Recht der Kantone und des Bundes halten, aber in Bereichen, in denen noch nichts geregelt ist, können Gemeinden Rechtsetzend tätig werden.
Dem Kanton stehen präventive und repressive (aufheben/ändern) Aufsichtsmittel zur Verfügung, um die Gemeinde zu kontrollieren.
Verletzung der Gemeindeautonomie
Wird die Gemeindeautonomie verletzt können die Gemeinden eine BöA beim BGer erheben.
- Legitimation der Gemeinde zur BöA (formell-rechtliche Frage)
Art. 89 Abs. 2 lit. c für Autonomieverletzungen und Art. 89 Abs. 1 für normale Beschwerden - Hat die Gemeinde im betreffenden Bereich Autonomie? (materiell-rechtliche Frage)
- Ist die Autonomie der Gemeinde verletzt? (materiell-rechtliche Frage)
Bereiche in denen Gemeindeautonomie üblich ist
Gemeindeorganisation, kommunales Polizeirecht, Teile des kommunalen Baurechts, kommunales öffentliches Bauwesen, kommunale Versorgungsbetriebe, Verwaltung des Gemeindevermögens, der öffentlichen Finanzen und des öffentlichen Grundes, Verleihung des Gemeindebürgerrechts
Fusion von Gemeinden
Es gibt einen Trend seit 1995, dass Gemeinden fusionieren. Kleine Gemeinden finden oft nicht genügend Leute, die die öffentlichen Ämter wahrnehmen wollen, haben selbst nicht genügend finanzielle Mittel und sind deshalb stark vom Kanton abhängig.
Es ist für die Gemeinden oft besser zu fusionieren, um stärker und autonomer zu sein.
Durch Fusion entsteht eine neue Gemeinde aus zwei Gemeinden.
Gemeinden, die nicht fusionieren wollen, können sich zu kommunalen Zweckverbänden zusammenschliessen, um Aufgaben zu teilen.
Öffentlich-rechtliche Anstalten
Verwaltungseinheit, welche durch das Gesetz aus Personen und Sachen zusammengesetzt wurde, um eine bestimmte Aufgabe dauernd zu erfüllen.
z.B. ETH, Uni, Basler Verkehrsbetriebe (BVB), Industrielle Werke Basel (IWB)
Während öffentlich-rechtliche Körperschaften einen breiten Aufgabenkreis abdecken, sind öffentlich-rechtliche Anstalten nur für eine spezifische Aufgabe zuständig.
Rechtspersönlichkeit Art. 52 ZGB
Öffentlich-rechtliche Anstalten haben nur teilweise eigene Rechtspersönlichkeit. Wenn Rechtspersönlichkeit vorliegt liegt auch Rechtsfähigkeit vor. Es kommt dabei auf den Willen des Trägergemeinwesens an, welche bei der Schaffung der Anstalt zu entscheiden hat, ob die Anstalt rechtsfähig sein soll oder nicht. Erkennen kann man das im jeweiligen Spezialgesetz (z.B. Unigesetz).
Rechtsfähige Anstalten sind selbst in der Lage rechtlich tätig zu werden.
Bei nicht rechtsfähigen Anstalten ist das Trägergemeinwesen (Gemeinde, Kanton) Vertragspartner, Haftungssubjekt oder Prozesslegitimiert usw.
Benutzungsverhältnis
Obwohl die Universität eine öffentlich-rechtliche Anstalt ist und auch das Universitätsgesetz öffentlich-rechtlich ist, können Rechtsfragen zwischen Studenten und Uni privatrechtlicher Natur sein. Ob öffentliches Recht oder Privatrecht angewendet wird lässt sich primär aus dem Spezialgesetz (Unigesetz) erkennen.
Öffentlich-rechtliche Stiftungen
Die Stiftung wird durch einen staatlichen Stiftungsakt begründet und ist eine Verwaltungseinheit, die mit ihrem Stiftungsvermögen öffentliche Aufgaben erfüllt.
Die Gründung der öffentlich-rechtlichen Stiftung unterscheidet sich von der privatrechtlichen Stiftung gem. Art. 80 ZGB
Bsp.: schweizerischer Nationalpark, schweizerisches Landesmuseum, Pro Helvetia
In der Regel hat die Stiftung Rechtspersönlichkeit und ist rechtsfähig (=selbständig)
Abgrenzung Anstalt, Körperschaft und Stiftung
Körperschaft |
Anstalt |
Stiftung |
|
Begründung |
Staatlicher Hoheitsakt durch Erlass des Spezialgesetzes |
Staatlicher Hoheitsakt durch Erlass des Spezialgesetzes |
Durch Stiftungsakt begründet |
Funktion |
Besorgung von Verwaltungsaufgaben, breiter Aufgabenkreis |
Erbringt Dienstleistung für Allgemeinheit, eine spezifische Aufgabe |
Mit Vermögen öffentliche Aufgaben erfüllen |
Personenstellung |
Mitglieder (Gemeinderat) |
Benutzer (Studenten) |
Organ, Destinatäre |
Rechtspersönlichkeit |
JA |
Teilweise |
JA in der Regel |
Autonomie |
JA, ziemlich gross, begrenzt, durch übergeordnetes Recht |
Teilweise, oft im Spezialgesetz festgelegt |
JA |
Beispiele |
Kantone, Gemeinden, SKUBA Genossenschaften von Grundeigentümer in der Landwirtschaft |
ETH, Uni, Basler Verkehrsbetriebe (BVB), Industrielle Werke Basel (IWB) |
Schweizerischer Nationalpark, -Landesmuseen, pro helvetia |
Privatrechtliche Verwaltungsträger
Private, welche unmittelbar mit Verwaltungsaufgaben betraut sind. Es handelt sich um Gesellschaften des Zivilrechts also Aktiengesellschaften und Genossenschaften.
z.B. RUAG (Rüstungsunternehmen), Grossanlagen der Kehrichtbeseitigung
Grundrechtsbindung
Die Privaten sind bei der Erfüllung von öffentlich-rechtlichen Aufgaben an die Grundrechte gebunden (Art. 35 Abs. 2 BV). Umstritten ist die Grundrechtsbindung in den Bereichen, wo es andere Privatrechtliche Konkurrenz gibt. Das «Argument der gleich langen Spiesse verlangt», dass diese Verwaltungsträger nicht durch die Grundrechtsbindung im Wettbewerb geschwächt werden dürfen, sondern gleich lange Spiesse wie alle anderen Konkurrenten haben sollen.
Voraussetzungen
- Grundlage im Gesetz im formellen Sinn
- Ausreichendes öffentliches Interesse
- Staatliche Aufsicht
Gemischtwirtschaftliche Unternehmen
Gesellschaften des Zivilrechts (Aktiengesellschaften, Genossenschaften), welche von Privaten und dem Gemeinwesen gemeinsam geleitet werden. Mit Gewinnstrebigkeit soll auch das Erfüllen öffentlicher Aufgaben verbunden werden. Ein Vorteil der teilweise Privaten Unternehmensführung ist, dass der Politische Einfluss nicht so gross ist, wie bei einem rein öffentlichen Unternehmen.
Diese Unternehmen sind gemäss Art. 35 Abs. 2 an die Grundrechte gebunden.
in Bereichen: Verkehr, Versorgung, Finanzen, Mustermesse Basel, Skyguide, BLT
Privatisierung
Organisationsprivatisierung: Öffentlich-rechtliche Unternehmen werden in Private unternehmen umorganisiert, behalten aber die gleichen Aufgaben. z.B. Post.
Aufgabenprivatisierung: Staat verzichtet auf bisherige Aufgabenerfüllung, egal, ob Private die Aufgaben übernehmen oder nicht. z.B. Staatskellerei Zürich
Vermögensprivatisierung: Staat verkauft Finanzvermögen um liquider zu werden. Das Eigentum dieser Sachen geht in privates Eigentum über.
Finanzprivatisierung: Wer für die Kosten einer Staatlichen Leistung aufkommt. Die Kosten werden gem. dem Verursacherprinzip auf private Leistungsbezüger überwälzt.