Wirkung des Kindesverhältnisses
Ein entstandenes Kindesverhältnis zwischen Eltern und Kind hat verschiedene Auswirkungen: Elterliche Sorge, Obhut, persönlicher Verkehr, sowie Unterhaltspflichten und weitere Wirkungen.
Elterliche Sorge, Obhut, persönlicher Verkehr
Grundvoraussetzung, dass jemand elterliche Sorge, Obhut oder persönlicher Verkehr mit dem Kind hat, ist gem. 296 III ZGB ein Kindesverhältnis, sowie Volljährigkeit und keine umfassende Beistandschaft der Eltern.
Elterliche Sorge (296 ZGB)
Wer hat die elterliche Sorge?
Verheiratete Eltern (296 II)
Beide Eltern haben die gemeinsame Sorge.
Geschiedene Eltern (133 I Ziff. 1)
Regelfall: Beiden Eltern wird die gemeinsame Elterliche Sorge belassen.
Ausnahme: Alleinige Elterliche Sorge nur, wenn dies zur Wahrung des Kindeswohles nötig ist.
Dafür gibt es 4 Voraussetzungen:
- Elterlicher Dauerkonflikt
- Anhaltende Kommunikationsunfähigkeit
- Gemeinsame Elterliche Sorge würde sich negativ auf das Kindeswohl auswirken
- Alleinzuteilung lässt Verbesserung erwarten
Unverheiratete Eltern (298a I)
Die Mutter hat die alleinige elterliche Sorge. Die Anerkennung des Kindes durch den Vater genügt nicht, ist aber ein wichtiger Schritt. Denn nach der Anerkennung können die Eltern durch gemeinsame Erklärung die gemeinsame Elterliche Sorge erlangen.
Elterliche Sorge kann aber auch durch Entscheid der KESB (298b, d) oder durch Gerichtsurteil (298c) entstehen.
Was ist die elterliche Sorge
Elterliche Sorge ist das unverzichtbare und unübertragbare Pflichtrecht der Eltern für das minderjährige Kind die nötigen Entscheidungen zu treffen, das Kind zu erziehen, vertreten und sein Vermögen zu verwalten.
Es gibt gem. 301 ff. 7 Aspekte der elterlichen Sorge:
- Pflege und Erziehung (301 I)
- Entscheidungsbefugnis mit dem anderen Elternteil zusammen (301 I)
(Freiraum entsprechen der Reife des Kindes dabei Anhörungs- und Rücksichtnahmepflichten der Eltern. Recht den Vornamen zu geben. Ausnahmsweise Alleinentscheidungsbefugnisse, wenn alltägliche oder dringliche Entscheidungen anstehen und der andere Elternteil nicht mit vernünftigem Aufwand erreichbar ist.) - Ausbildungsverschaffung (302 II)
- Vertretung (304 I)
- Religiöse Erziehung bis zum 16. Geburtstag (303 I)
- Elterliche Vermögensfürsorge (318 ff.)
- Recht den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen (301a Wegzugsartikel)
(alleinige elterliche Sorge: anderen Elternteil informieren, aber Wegzug möglich
gemeinsame elterliche Sorge: keine Zustimmung, wenn im Inland und in der Nähe geblieben
Zustimmung des anderen Elternteils/Gericht/ Kindesschutzbehörde nötig für weit wegziehen oder ins Ausland ziehen.)
Obhut
Obhut beschreibt das Zusammenleben mit dem Kind in häuslicher Gemeinschaft. Obhut ist im Sorgerecht inbegriffen, muss aber speziell geregelt werden.
Es gibt gemeinsame Obhut und alternierende Obhut. Bei gemeinsamer elterlicher Sorge auch gemeinsame Obhut, wenn die Betreuungsanteile ungefähr gleich sind (bis 70-30)
Der Wohnsitz und die Unterhaltspflichten knüpfen an die Obhut an, sonst nicht viel.
Persönlicher Verkehr (273 ZGB)
Persönlicher Verkehr wird umgangssprachlich als Besuchsrecht bezeichnet.
Anspruch auf persönlichen Verkehr hat das Kind und derjenige Elternteil, der weder elterliche Sorge noch Obhut hat. Dritte wie Grosseltern oder Götti können ausnahmsweise auch Anspruch darauf haben (274a).
Persönlicher Verkehr ist nicht nur ein Anspruch, sondern auch eine Pflicht.
Es umfasst das Recht das Kind zu sich nach Hause zu nehmen und mit ihm persönlich Zeit zu verbringen. Ausserdem alle anderen Formen des persönlichen Kontaktes wie Telefon WhatsApp usw.
Grds. muss die Besuchsberechtigte Person das Kind holen und bringen.
Mitwirkung des sorgerechtslosen Elternteils: Eltern ohne elterliche Sorge sollen gem. 275a über wichtige Entscheidungen im Leben des Kindes angehört werden. Ausserdem haben sie Anspruch auf Mitteilung bei besonderen Ereignissen, sowie ein Auskunftsrecht gegenüber Dritten (Schulen, Ärzten usw.) Ein Wohnsitzwechsel des Kindes muss dem sorgerechtslosen Elternteil angezeigt werden.
Unterhaltspflichten der Eltern
Unterhaltspflichten entstehen nur wenn ein Kindesverhältnis vorliegt. Sie sind in den Art. 276-295 geregelt. Grundsätzlich geht es darum dem Kind und dem Betreuenden Elternteil finanziell ein angemessenes Leben zu ermöglichen.
Was ist Unterhalt
Es gibt Naturalunterhalt 276 I (Zeit verbringen, kochen, helfen, erziehen, pflegen), Geldunterhalt 285 I ZGB bestehend aus Barunterhalt (direkte-) und Betreuungsunterhalt 285 II (indirekte Kosten) (Lebenshaltungskosten des Kindes decken also wohnen, Essen, Kleider, Krankenkasse usw.). Betreuungsunterhalt 285 II ZGB sind Zahlungen an den betreuenden Elternteil, weil dieser Lohnausfälle hat.
Gem 276 I gilt die Gleichwertigkeit der verschiedenen Unterhaltsformen. Der Unterhalt muss gem. 276 II grds. von beiden Eltern proportional zu ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, sowie Naturalunterhaltsfähigkeit übernommen werden.
Minderjährigen- und Volljährigenunterhalt (277 ZGB)
Der Minderjährigenunterhalt muss gemäss 277 I ZGB bis zur Volljährigkeit des Kindes gezahlt werden.
Hat das Kind dann noch keine angemessene Ausbildung muss gemäss 277 II weiterhin Unterhalt gezahlt werden. Die Eltern werden vom Unterhalt befreit, wenn das Kind mind. 18 Jahre alt ist und ihm zugemutet werden kann, dass es seinen eigenen Unterhalt finanzieren kann.
Beim Volljährigenunterhalt wird der Schuldner nicht mehr bis auf das Existenzminimum belangt.
Bricht das Kind den Kontakt zum Unterhaltspflichtigen ab, kann es sein, dass dieser ab Volljährigkeit des Kindes nicht mehr bezahlen muss.
Rente (287 ZGB) oder Abfindung (288 ZGB)
Rente bedeutet die Zahlung des Unterhalts in periodischen Zahlungen.
Abfindung die Zahlung des Unterhalts in einer einmaligen grossen Zahlung im Voraus.
Unterhaltsberechtigte und -verpflichtete (289 ZGB)
Unterhaltsgläubiger ist das Kind. Die Unterhaltszahlungen werden aber solange das Kind minderjährig ist, an den Obhutsinhaber gezahlt.
Können die Eltern nicht bezahlen, so übernimmt das Gemeinwesen den Unterhalt des Kindes.
Rangfolgen der Unterhaltsberechtigten (276a ZGB)
Wenn nicht genügend Geld vorhanden ist für die vollständige Befriedigung aller Unterhaltsberechtigten.
Dem Unterhaltsgläubiger wird immer das Existenzminimum gelassen.
Unterhaltsgläubiger werden in dieser Reihenfolge befriedigt: (276a ZGB)
- Minderjährige Kinder
- Ehegatten
- Volljährige Kinder (ausser bei 276a ZGB Gymnasiasten-Fall)
Ausnahme: Volljährige Kinder, die noch in der Schule sind und nichts verdienen sollen nicht schlechter gestellt werden als Minderjährige Kinder. (276 a II)
Bemessungskriterien des Geldunterhalts (285 ZGB)
- Leistungsfähigkeit und Lebensstellung des Unterhaltspflichtigen
Der Geldunterhalt ist gekoppelt an Einkommen, Vermögen und Existenzminimum des Pflichtigen. Je mehr Geld man hat, desto mehr muss gezahlt werden. - Bedürfnisse des Kindes
Alter, Ausbildung, Hobbies des Kindes - Vermögen und Einkünfte des Kindes
Wenn Kind grosses Vermögen oder grosse Einkünfte hat (Praxis oft Lehrlingslohn) können Eltern befreit werden. (selten)
Kinderzulagen und Sozialversicherungsrenten sollen immer beim betreuenden Elternteil landen und zusätzlich zum Unterhalt gezahlt werden.
Die Verschiedenen Berechnungsmethoden des Geldunterhalts
- Konkrete Methode (Anhand von tatsächlichen Ausgaben)
- Zürcher Tabellen (für durchschnittliche Einkommensverhältnisse)
- Prozentregel (unterdurchschnittliche Einkommensverhältnisse orientiert sich am Nettoeinkommen des Pflichtigen)
- Betreibungsrechtliche Grundbeiträge (bis 10 Jahre: 400 CHF und ab 10 Jahren 600 CHF)
Ändern sich die Bedürfnisse des Kindes oder die Leistungsfähigkeit der Eltern, so kann gemäss 286 das Gericht eine Anpassung der Unterhaltsbeiträge anordnen.
Einmalige unvorhersehbare Beträge kann das Gericht mit 286 III einfordern (Zahnspangenartikel)
Unterhaltsklage (279 ZGB) und -vereinbarung (287-288 ZGB)
Zur Klage in 279 ist das Kind aktivlegitimiert, passivlegitimiert Vater oder Mutter. Ein Elternteil kann aufgrund von Prozessstandschaft im eigenen Namen für das Kind Unterhalt einklagen.
Unterhaltsvereinbarungen sind für das Kind gemäss 287 I erst nach Genehmigung durch die KESB/ Gericht verbindlich. Im Unterhaltsvertrag muss gemäss 287a geregelt sein, wer wieviel Geld hat und wieviel Geld an welches Kind gezahlt wird.
Zahlen die Eltern den Unterhalt nicht, so hilft dem Kind eine kantonale Inkassostelle unentgeltlich.
Ansprüche der unverheirateten Mutter (Art. 295 ZGB)
Grds. hat eine unverheiratete Mutter keinen Anspruch auf Ehegattenunterhalt.
seit der Revision per 1. Juli 2014 ist der Betreuungsunterhalt aber Teil des Kinderunteshalts, der sowieso gezahlt werden muss.
Aber sie hat Anspruch auf zusätzliche Zahlungen für ihre Erstauslagen (Kinderwagen, Wickeltisch, Kinderbett usw.) sowie für die ersten 8 Wochen nach der Geburt.
Weitere Wirkungen
Weitere Wirkungen, die ein Kindesverhältnis hervorruft, sind Namensgebung, Heimatort sowie Verwendung und Verwaltung des Kindesvermögens.
Familienname
Bei verheirateten Eltern, welche einen gemeinsamen Familiennamen haben, bekommt das Kind diesen Familiennamen (270 III).
Heiraten zwei Leute und möchten ihren Namen behalten, müssen sie bestimmen, wie der Familienname eines allfälligen Kindes sein wird (160 III).
Bei nicht verheirateten Eltern bekommt das Kind den Familiennamen des Sorgerechtsinhaber (meist Mutter siehe 298a I)
Falls doch beide unverheirateten Elternteile die gemeinsame Sorge haben, bestimmen sie welchen Familiennamen das Kind erhalten soll.
Vorname
Gemäss 301 IV geben die Eltern (genauer Inhaber der elterlichen Sorge) dem Kind den Vornahmen. Der Vorname darf die Kindesinteressen nicht offensichtlich verletzen.
Heimatort (Art. 271 ZGB)
Kind bekommt das Bürgerrecht des Elternteils, von dem es den Familiennamen trägt.
Kindsvermögen
Die Inhaber der elterlichen Sorge haben gemäss 318 I das Recht und die Pflicht das Kindervermögen zu verwalten.
Ausnahmsweise können Dritte dem Kind eine Zuwendung machen und die Verwaltung der Eltern ausschliessen gemäss 321 II ZGB
Eigene Einkünfte können vom Kind gemäss 323 selbst verwaltet werden.
Verwendung des Kindesvermögen ist gemäss 319 für den Unterhalt, Erziehung und Ausbildung gedacht. Gemäss 321 dürfen die Eltern das zur Sparanlage angelegte Kindesvermögen nicht verwenden.