Gewährleistung bei Sachmängeln

 

Bei Sachmängeln besteht für den Verkäufer eine Gewährleistungspflicht. Das heisst der Verkäufer haftet für die zugesicherten Eigenschaften der Sache und wenn diese nicht erfüllt sind, muss er eine Kompensation gemäss Art. 205-207 OR aufbringen.

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Übersicht Rechtsmängel und Sachmängel

Erfüllungstheorie: Erfüllung gilt nur wenn mängelfrei erfüllt wurde.
Gewährleistungstheorie: Erfüllung gilt auch, wenn mängelbehaftet erfüllt wurde.

 

Sachmängel 197 ff. OR

Ein Sachmangel ist eine ungünstige Abweichung der ist– zur Sollbeschaffenheit einer Sache. Dies kann vorliegen in Form eines körperlichen Mangels, einer fehlerhaften Beziehung zur Umwelt oder im Fehlen zugesicherter Eigenschaften.
Ein Sachmangel muss stets in einer gewissen Erheblichkeit vorliegen.

 

Zusicherung vs. Garantie

Zusicherung: Nachprüfbare Tatsachenbehauptungen bzgl. der Beschaffenheit im Zeitpunkt des Gefahrenübergangs.

Garantie: Versprechen bzgl. Beschaffenheit, Eigenschaft oder Mängelfreiheit der Kaufsache auf Zeit.

Gewährleistung bei Sachmängeln, Sachmangel, aliud, peius,
Unterteilung aliud und peius

 

Definition Beschaffenheit (1)

Beschaffenheit ist die Gesamtheit der wertbildenden Faktoren, die der Sache für gewisse Dauer anhaften, d. h. Eigenschaften und dauerhafte Beziehungen der Sache zur Umwelt.

 

Voraussetzungen der Sachgewährleistung

Wenn diese sechs Voraussetzungen erfüllt sind, kann der Käufer die Sachgewährleistung des Verkäufers verlangen, d.h. er kann gemäss Art. 205-207 OR aus drei Möglichkeiten aussuchen: Wandelungsklage, Minderungsklage oder Nacherfüllung (nur bei Gattungsschulden).

  1. Gültiger Kaufvertrag
    (Wenn der Kaufvertrag gar nie wirksam war, gibt es keine causa für die Verfügungsgeschäfte. Somit wird über Art. 62 ff. Rückabgewickelt. Es kommt gar nie zu Sachmängeln)
  2. Sachmangel im Zeitpunkt des Gefahrübergangs
    (Definition Sachmangel: eine ungünstige Abweichung der ist- zur Sollbeschaffenheit.
    Sollbeschaffenheit:
    Die Sollbeschaffenheit kann subjektiv und objektiv bestimmt werden.
    Subjektiv umfasst die abgemachten Beschaffenheitsmerkmale, den Gebrauchs- oder Nutzungszweck und die Zusicherung, die die Parteien vereinbart haben.
    Die
    objektive Sollbeschaffenheit ist so, wie der Kaufgegenstand nach der allgemeinen Verkehrsauffassung üblicherweise sein sollte, um seinen normalen Zweck zu erfüllen.
    Im Zeitpunkt des Gefahrübergangs:
    Es genügt, wenn der Sachmangel zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs erst im Keime «angelegt» vorhanden ist.
  3. Kein Ausschluss der Gewährleistung (199, 200, 201 OR)
    (Art. 199 OR: Mängelgewährleistung kann ausgeschlossen werden bis zu grober Fahrlässigkeit, jedoch nicht bei arglistigem Verhalten des Verkäufers, also dann, wenn er von den Mängeln gewusst hat.
    Art. 200 OR: Wenn der Käufer den Mangel kennt, oder hätte kennen müssen, schliesst das die Sachmängelgewährleistung aus.
    Wenn er den
    Mangel ausdrücklich oder konkludent akzeptiert, haftet der Verkäufer nicht.
    Art. 201 OR: Der Käufer muss die Kaufsache sofort (grds. 1 Woche) untersuchen und offene Mängel rügen, sonst ist es zu spät. Es handelt sich dabei aber nur um eine Obliegenheit und nicht eine Pflicht. D.h. wenn der Käufer es nicht tut, verletzt er zwar kein Recht, verliert aber die Möglichkeit Mängelgewährleistung zu erhalten.)
    Rügt der Käufer zu spät, verliert er alle Sachmängelgewährleistungsansprüche nach 205 OR.
    Art. 201 III OR: Versteckte Mängel, die erst später in Erscheinung treten muss der Käufer wiederum sofort nach Entdeckung rügen.
  4. Kein Ausschluss der Minderung (205 III)/ Wandelung (209)
    (Minderungsausschluss 205 II OR: Man kann den Kaufpreis nicht soweit mindern, dass man am Schluss Geld zurückbekommt. Nur noch Wandelung ist möglich, wenn man den gesamten Preis wegmindert und die Sache somit wertlos ist.
    Wandelungsauschluss:
    209 I: wenn nur Teile mangelhaft sind, kann man nur sie und nicht die ganze Sache wandeln. 209 II: Lassen sich die mangelhaften Stücke nicht abtrennen, so muss die ganze Sache als ein Stück gewandelt werde.
    209 III: Ist nur ein abtrennbarer kleiner Teil mangelhaft, wird nur er gewandelt, ist allerdings fast alles ausser einem kleinen abtrennbaren Teil mangelhaft wird alles zusammen gewandelt.)
  5. Allfällige weitere Elemente wie Schaden/ Verschulden
    (208 II: Verschuldensunabhängig unmittelbare, direkte Schäden ersetzen (Mangelschaden). Es ist eine Kausalhaftung mit Exkulpationsmöglichkeit d.h. der Schädiger muss sich entlasten.
    208 III: Nur verschuldensabhängig weiterer Schäden ersetzen (Mangelfolgeschaden)
    Es ist eine Verschuldenshaftung d.h. der Kläger muss den Schaden beweisen können.)
  6. Keine Verjährung nach 210 OR
    (Die Ansprüche aus Sachmängelgewährleistung verjähren gemäss 210 OR innerhalb von 2 Jahren nach der Ablieferung an den Käufer.
    Bei unbeweglichen Werken sind es 5 Jahre (Abs. 2) und bei Kulturgütern 30 Jahre (Abs. 3).)

 

Rechtsfolgen der Sachgewährleistung

Dem geschädigten stehen 5 Möglichkeiten zu:

  • Recht zur Verweigerung der Annahme (211 I OR) (ergibt sich im Umkehrschluss aus 211 I OR)
  • Wandelung (205, 207-209 OR) (Vertrag rückgängig machen, alles zurückgeben, Widerherstellung des ursprünglichen Zustandes vor dem Vertrag)
  • Schadenersatz (97 OR) (positives Interesse – so wie wenn der Vertrag vollumfänglich erfüllt worden wäre)
  • Minderung (205 OR) (Käufer erhält finanzieller Ersatz für den Minderwert der mangelhaften Sache)
  • Nacherfüllung (206 I OR) (Das Recht eine neue, gleiche, aber nicht mangelhafte Sache zu erhalten)

 

Schadensqualifikation

Mangelschaden: Derjenige Schaden, der unmittelbar durch den Fehler an der Sache selbst entsteht. z.B. Zerstörung des Autos als Folge defekter Bremsen.

Schaden eines weiterfressenden Mangels: Auch Schaden an der Kaufsache selbst, der sich aber weiter vergrössert mit der Zeit
z.B. Schimmlige Gemüse, die mit der Zeit immer stärker verschimmeln und unbrauchbar werden.

Mangelfolgeschaden: Schäden, die an anderen Rechtsgütern des Käufers entstehen
z.B. Wenn ein infiziertes Tier alle anderen ansteckt.

 

Vertraglich vereinbarte Nachbesserung

In der Praxis wird oft Nachbesserung vertraglich abgemacht. d.h. wenn der Käufer nicht zufrieden ist, besser der Verkäufer noch aus, bis der Käufer zufrieden ist. Diese Nachbesserung ist zwar gängig, im heutigen Recht aber nicht enthalten.

 

Beweislast und Haftung

Die Beweislast, dass ein Mangel zumindest im Keime angelegt war liegt beim Käufer der Sache, wenn er die Sache bereits angenommen hat. Nimmt der Käufer die Sache erst gar nicht an, muss der Verkäufer beweisen, dass kein Mangel vorliege.

Bei Sachmängeln liegt grds. Kausalhaftung vor. Der Käufer muss zwar dem Verkäufer den Schaden anzeigen (201 I), jedoch muss der Verkäufer sich exkulpieren und beweisen, dass ihm keinerlei Verschulden bzgl. des Sachmangels zur Last falle.

Verschuldenshaftung gilt bei 208 III Für weitere Schäden ist somit Verschulden des Verkäufers notwendig.

 

Konkurrenzen

Man muss sich entscheiden, ob man auf Sach- oder Rechtsmängel klagt.
Art. 97 ist stets neben Art. 197 ff. konkurrierend anwendbar, da es sich um Schlechtleistungen handelt.
Gem. BGer ist alternativ (d.h. nicht zusätzlich) eine Anfechtung aufgrund von Willensmängeln (23 ff. OR) möglich, die h.L. ist dagegen

Ansprüche aus Art. 41 ff. sind bei Mangelschaden nie einschlägig, weil es sich um ein Vertragsverhältnis handelt.

Gewährleistung bei Sachmängeln OR BT #7
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