Rechtsschutz

 

Mit Rechtsschutz ist, der durch Gesetze garantierte Schutz gemeint. Damit man vor Gericht gehen kann müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.

 

Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (BöA)

Die BöA ist eine Beschwerde ans BGer. Es entscheidet g gemäss folgendem Schema, ob es eintritt.

Rechtsschutz in der Schweiz, Überblick BöA
Sachurteilsvoraussetzungen der BöA

 

Anfechtungsobjekt Art. 82 BGG

  • Lit. a: Entscheide in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (kantonal und auf Bundesebene)

Entscheid Definition: hoheitliche, individuell-konkrete und verbindliche Anordnung, die Rechte und Pflichten begründen.

  • Lit. b: Kantonaler Erlass (auch self-executing Konkordate, Dekrete, Verordnungen nicht aber Kantonsverfassung) (abstrakte Normenkontrolle)

Erlasse Definition: Generell-abstrakte hoheitliche Anordnungen, die Rechte und Pflichten in allgemeingültiger Weise begründen. Sie gelten für eine unbestimmte Anzahl von Personen (generell) und für eine unbestimmte Anzahl von Sachverhalten (abstrakt).

  • Lit. c: Sämtliche Akte von Behörden oder privaten, die die von Art. 34 BV geschützten Gehalte zu beeinträchtigen drohen. Dazu gehören auch Realakte wie Abstimmungserläuterungen, behördliche Informationstätigkeit oder behördliche Unterstützung einer Seite im Abstimmungskampf (Art. 88 Abs. 2 BGG))

Kantonsverfassungen und Bundesgesetze sind nicht anfechtbar, weil sie von der BV gutgeheissen bzw. erlassen wurden und die Judikative der Legislative nicht reinreden will.

 

Vorinstanz Art. 86 BGG

Beschwerde ist zulässig gegen:

  • Gerichte auf Bundesebene: Bundesverwaltungsgericht, Bundesstrafgericht, UBI
  • Letzte Kantonale Instanzen, sofern nicht die Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht gemäss Art. 33lit. i VGG zulässig ist.

 

Ausnahmekatalog Art. 83 BGG

Bei welchen Themengebieten man doch keinen Entscheid anfechten kann steht im Ausnahmekatalog. Der Ausnahmekatalog gilt nur für Entscheide, nicht für Erlasse.

 

Streitwert Art. 85 BGG

Idee: Das BGer soll sich nicht mit unnötigen Kleinigkeiten abmühen.

Nur bei reinen Vermögensfragen gibt es eine Streitwertgrenzen.

  • Staatshaftung 30’000 CHF
  • Arbeitsverhältnisse 15’000 CHF

Handelt es sich aber um Grundsatzfragen, die eine höchstrichterliche einheitliche Beurteilung benötigen, um eine einheitliche Anwendung und Auslegung des Bundesrechts zu ermöglichen und damit Rechtssicherheit herzustellen, kann man auch mit kleineren Beträgen ans BGer gehen. Wenn gar nicht um Geld gestritten wird, gibt es auch keine Streitwertgrenze.

 

Legitimation Art. 89 BGG

Persönliche Qualifikation. Wer darf rügen? Folgende 3 Punkte müssen kumulativ erfüllt sein:

  • Wer an dem Verfahren der Vorinstanz teilgenommen hat (formelle Beschwer)
  • Besonders berührt ist nur wer mehr betroffen ist als jedermann und eine besondere Nähe zur Streitsache hat. (materielle Beschwer)
  • Ein schutzwürdiges Interesse an der Sache hat (aktuelles und praktisches Interesse, d.h. tatsächlichen Nutzen durch Änderung des Entscheids.) (materielle Beschwer)

Bei Erlassen (Art. 82 lit. b) reicht virtuelle Betroffenheit (minimale Wahrscheinlichkeit, zukünftig betroffen zu sein.

Eine Beschwerde in Stimmrechtssachen gemäss Art. 82 lit. c) BGG ist bereits dadurch legitimiert, dass man Stimmberechtigt ist. Man muss die oben genannten 3 Punkte nicht erfüllen.

Abs. 2 nennt viele weitere Beschwerdelegitimierte, es sind mehr Beschwerdelegitimiert als bei der Beschwerde ans BVGer. (vgl. Art. 48 Abs. 2 VwVG) 

  • Legitimation von Gemeinwesen und Behörden (Behördenbeschwerde) (öPR ZF 3)
  • Legitimation von Verbänden (egoistische- und ideelle Verbandsbeschwerde) nicht ausdrücklich erwähnt.

 

Beschwerdegründe Art. 95 – 98 BGG

Ein Beschwerdegrund ist immer dann gegeben, wenn bestehendes Recht verletzt wird.
Entscheide und Erlasse können bestehendes Recht verletzen. Verletzung heisst: Keine, oder falsche Anwendung einer richtigen Norm, Anwendung einer nicht einschlägigen Norm, Rechtswidrige Ermessensausübung.

  • Bundesrecht aller Stufen und Quellen
  • Völkerrecht (justiziabel = self-executing)
  • Eig. Kein Kantonales Recht ausser
    • (Art. 95 BGG lit. c) verfassungsmässiges kantonales Recht (justiziabel, um Einzelnen Abwehranspruch gegen Kanton zu geben)
    • (Art. 95 BGG lit. d) kantonale Bestimmungen über Stimmberechtigung
    • (Art. 95 BGG lit. e) interkantonales Recht (Konkordate, interkantonale Organisationen und Einrichtungen)
    • Normales Kantonales Recht kann nur gerügt werden, wenn auch eine damit verbundene Bundesrechtsverletzung stattfindet.

Einschränkungen der Prüfungsbefugnis siehe (öPR ZF 3)

Beim Rügen von Grundrechten gilt die qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 II BGG) d.h. man muss genau sagen was falsch ist.

Art. 96 BGG: ausländisches Recht i.V.m. dem IPRG
Art. 97 BGG: fundamental falsche Sachverhalte als seltener Rügegrund
Art. 98 BGG: Beschwerde über Entscheide bzgl. vorsorglicher Massnahmen können nur mit der Verletzung verfassungsmässiger Rechte (Verwaltungsrecht ZF 3) gerügt werden.

Kognition

Alle aufgeführten Beschwerdegründe zusammen bilden die Kognition (=Prüfungsbefugnis) des BGer, es hat nicht volle Kognition, weil z.B. der Sachverhalt nur sehr eingeschränkt, und Angemessenheit nicht überprüft werden kann. Das BGer kann sich nicht entscheiden, weniger zu prüfen, das wäre eine unzulässige Kognitionsbeschränkung = Verletzung des Rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) oder formelle Rechtsverweigerung (Art. 29 Abs. 1 BV)

 

Partei- (Art. 11, 53 ZGB), Prozessfähigkeit (Art. 12, 54 ZGB)

Parteifähigkeit (juristische Person) entspricht Rechtsfähigkeit (natürlichen Person)
Prozessfähigkeit (juristische Person) entspricht Handlungsfähigkeit (natürlichen Person)

Parteifähigkeit (Art. 11 und Art. 53 ZGB)
Prozessfähigkeit (Art. 12, 13, 14, 16 und Art. 54 ZGB)

 

Form (Art. 42, 106) und Frist (Art. 100/101)

Möchte man einen generell-abstrakten kantonalen Erlass anfechten (z.B. Hooligankonkordat) und verpasst aber die 30 Tage Anfechtungsfrist, kann man der Erlass an sich nicht mehr anfechten. Jetzt muss man warten, bis ein Entscheid gestützt auf den Erlass getroffen wird. Diesen Entscheid kann man nun wieder innerhalb von 30 Tagen anfechten. So kann man eine Akzessorische Normkontrolle durchführen. Dabei ficht man primär den Entscheid an und rügt ausserdem, dass er sowieso auf einen nicht rechtmässigen Erlass gestützt ist. Falls man recht bekommt, wird der Entscheid aufgehoben, der Erlass wird zwar nicht aufgehoben, weil er nicht Anfechtungsobjekt war, er wird aber in der Zukunft nicht mehr angewendet

Form Art. 42 (grundsätzliches), 106 (qualifizierte Rügepflicht) BGG
Frist bei Entscheiden: 30 Tage (Art. 100)
First bei Erlassen: 30 Tage (Art. 101)

Ist man der Ansicht, dass gegen das Rechtsverweigerungs- oder Verzögerungsverbot (Art. 29 Abs. 1 BV) verstossen wird, kann man jederzeit Beschwerde führen. (Art. 94 BGG)

 

Rechtsmittelkonkurrenz

Beschwerden können sich an das BGer richten and das Bundesverwaltungsgericht oder an den Bundesrat.

Bundesrat und Bundesverwaltungsgericht + Bundesgericht schliessen sich gegenseitig aus mit ihren Bereichen bei denen man eine Beschwerde einreichen kann. (ominöser Dreier) (öPR ZF 2)

 

Noven

Gem. Art. 99 BGG sind Noven neue Rechtsbegehren, Tatsachen oder Beweismittel, sowie rechtliche Begründungen, welche vor der Vorinstanz nicht vorgebracht wurden. Sie dürfen vor dem BGer nur vorgebracht werden, wenn der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt. Neue Rechtsbegehren sind immer unzulässig. Neue rechtliche Begründungen sind möglich, wenn der Zusammenhang zum Streitgegenstand gewahrt bleibt.

 

Wirkung der BöA

Gem. Art. 103 BGG hat die Beschwerde grds. keine aufschiebende Wirkung (öPR ZF 3), Abs. 2 nennt ausnahmen, wo doch eine aufschiebende Wirkung besteht und Abs. 3 ermöglicht dem Instruktionsrichter darüber zu entscheiden.

 

Wirkung des materiell-rechtlichen Entscheids des Bundesgerichts

Der Entscheid kann reformatorische oder kassatorische Wirkung haben (Art. 107 Abs. 2 BGG. Reformatorische Entscheide werden eher zurückhaltend gefällt.
Das BGer ist gem. Art. 107 Abs. 1 an Parteibegehren gebunden (Dispositionsmaxime) (öPR ZF 1) Reformatio in melius und in peius kommen somit nicht in Frage.

 

Subsidiäre Verfassungsbeschwerde

Mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde kann die Verletzung von verfassungsmässigem Recht gerügt werden.

Rechtsschutz in der Schweiz, Subsidiäre Verfassungsbeschwerde, Überblick, Art. 113 ff. BGG
Sachurteilsvoraussetzungen der subsidiären Verfassungsbeschwerde

 

Anfechtungsobjekt Art. 113 BGG

Entscheide (individuell konkret) letzter kantonaler Instanzen, auch Teil- Vor- und Zwischenentscheide. Kantonal erfasst auch kommunale Entscheide und interkantonale Entscheide. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist nur zulässig, sofern keine andere Beschwerde nach den Art. 72-89 zulässig ist.

 

Legitimation Art. 115 BGG

Persönliche Qualifikation. Wer darf rügen? Folgende 2 Punkte müssen kumulativ erfüllt sein:

  • Wer an dem Verfahren der Vorinstanz teilgenommen hat (Art. 114 verweist auf Art. 86 BGG)
  • Ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung/Änderung des Entscheides hat.

Ausserdem legitimiert kann das Gemeinwesen sein z.B. bei der Gemeindeautonomie-Beschwerde oder wenn das Gemeinwesen wie ein Privater betroffen ist. (öPR ZF 3)

 

Beschwerdegründe Art. 116 BGG

Rügegrund ist die Verletzung von verfassungsmässigem Recht. Dies sind in erster Linie alle Grundrechte und weitere wichtige Normen, die dem Einzelnen einen individuellen Schutzbereich gegen staatliche Eingriffe sichern.

 

Partei- und Prozessfähigkeit Frist und Frist

Frist bei Entscheiden: 30 Tage (Art. 100)
First bei Erlassen: 30 Tage (Art. 101)

Die Regelung über die Noven, gelten auch bei der subsidiären Verfassungsbeschwerde.

Rechtsschutz in der Schweiz Staatsrecht # 10

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