Straftaten gegen die öffentliche Gewalt

 

Straftaten gegen die öffentliche Gewalt sind Delikte gegen die Durchsetzung der Rechtsordnung d.h. hoheitliche Anordnungen und Vollzugshandlungen. Bestraft sind Angriffe auf die Staatliche Autorität. Primär nicht gegen die Amtshandlung durchführende Person, sondern gegen die Amtshandlung an sich.

 

Übersicht

  • Definitionen
  • Art. 285 Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte
  • Art. 286 Hinderung einer Amtshandlung
  • Art. 287 Amtsanmassung
  • Weitere Delikte des 15. Titels Strafbarkeiten gegen die öffentliche Gewalt.
  • Art. 293 Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen

 

Definitionen

Beamter: Gemäss Art. 110 Abs. 3 ist ein Beamter ein Angestellter einer öffentlichen Verwaltung oder der Rechtspflege, der eine öffentlich-rechtliche Aufgabe wahrnimmt.

Behörde: Behörden sind Organe des Gemeinwesens aller drei Gewalten: Legislative, Exekutive und Judikative

Mitglied einer Behörde: Mitglied einer Behörde ist wer der obengenannten Behörde angehört.

Amtshandlung: Eine Amtshandlung ist jede Tätigkeit eines Beamten/ Behördenmitgliedes in seiner öffentlich-rechtlichen Funktion, wenn er örtlich und sachlich zuständig ist.

 

Art. 285 Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte

Hinderung einer Amtshandlung durch Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte ist ein Erfolgsdelikt.

  1. Tatbestand
    1. Obj. Tatbestand
      1. Tatobjekt (Behörde, Mitglied einer Behörde, Beamter)
      2. Tätereigenschaft (Jeder)
      3. Handlung (Hinderung (1), Nötigung (2), tätliches Angreifen während einer rechtmässigen Amtshandlung)
      4. Erfolg (Amtshandlung unterbleibt, wird verzögert, erschwert oder eben durch Nötigung ausgeführt)
      5. Kausalität
      6. Obj. Zurechnung
    2. Subj. Tatbestand
      1. Vorsatz (Er muss Hinderung/ Nötigung wollen; er muss erkennen, dass es sich um eine nicht offensichtlich rechtswidrige Amtshandlung handelt; er muss amtliche Eigenschaft und Tätigkeit der Amtsperson erkannt haben.)
  2. Rechtswidrigkeit
    1. Spezifische Unrechtmässigkeit der Nötigung (verwerfliche/ nicht-verwerfliche Nötigung durch Abwägen von erreichtem Zweck und angewendeten Mitteln)
  3. Schuld
  4. Sonstige Strafbarkeitsvoraussetzungen

 

Qualifikation nach Art. 285 Ziff. 2 «Aufruhr»

Bestraft wird die Hinderung von Amtshandlungen durch einen «zusammengerotteten Haufen»

Wer sich in einer Zusammenrottung, welche Amtshandlungen verhindert, erschwert, oder verzögert, aufhält, ohne an Gewalttätigkeiten zu begehen ist auch strafbar. Es handelt sich dabei um ein abstraktes Gefährdungsdelikt.
Die Verhinderung, Erschwerung, Verzögerung von Amtshandlungen stellt eine objektive Strafbarkeitsvoraussetzung dar.

 

(1) Hinderung

Behinderung einer Behörde/ Mitglied einer Behörde/ Beamter, so dass die Amtshandlung unterbleibt, verzögert oder erschwert wird.

 

(2) Nötigung

Durch Gewalt und Drohung eine Behörde/ Mitglied einer Behörde/ Beamter zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen zwingen, so dass eine Amtshandlung ausgeführt wird, oder eben nicht.

 

Art. 286 Hinderung einer Amtshandlung

Hinderung einer Amtshandlung ohne Gewalt oder Drohung ist ebenfalls ein Erfolgsdelikt. Art. 285 ist lex specialis zu Art. 286, welcher einen weiteren Anwendungsbereich hat.

  1. Tatbestand
    1. Obj. Tatbestand
      1. Tatobjekt (Behörde, Mitglied einer Behörde, Beamter)
      2. Tätereigenschaft (Jeder)
      3. Handlung (Hinderung (1) während einer rechtmässigen Amtshandlung)
      4. Erfolg (Amtshandlung unterbleibt, wird verzögert, erschwert. Blosses Nichtbefolgen von Amtshandlungen fällt nicht unter Art. 286 evt. aber unter Art. 292)
      5. Kausalität
      6. Obj. Zurechnung
    2. Subj. Tatbestand
      1. Vorsatz (Täter muss Hinderung/ Nötigung wollen; er muss erkennen, dass es sich um eine nicht offensichtlich rechtswidrige Amtshandlung handelt; er muss amtliche Eigenschaft und Tätigkeit der Amtsperson erkannt haben.)
  2. Rechtswidrigkeit
    1. Spezifische Unrechtmässigkeit der Nötigung (verwerfliche/ nicht-verwerfliche Nötigung durch Abwägen von erreichtem Zweck und angewendeten Mitteln)
  3. Schuld
  4. Sonstige Strafbarkeitsvoraussetzungen

 

Art. 287 Amtsanmassung

Bei der Amtsanmassung handelt es sich um ein Tätigkeitsdelikt.

  1. Tatbestand
    1. Obj. Tatbestand
      1. Tatobjekt
      2. Tätereigenschaft (Jeder)
      3. Handlung (Ausdrücklich oder konkludentes Vorgeben (1))
  2. Rechtswidrigkeit
  3. Schuld
  4. Sonstige Strafbarkeitsvoraussetzungen

 

(1) Ausdrückliches oder konkludentes Vorgeben

Ausdrücklich oder konkludentes Vorgeben, dass er eine Beamtenposition hat und Anordnungen hoheitlicher Natur treffen kann. Oder wenn ein Amtsträger tatsächlich eine Beamtenposition hat, seine Befugnisse aber in krassem Masse überschreitet.

Das blosse Tragen von militärischen Abzeichen, einer Polizeiuniform usw. reicht noch nicht, der Täter muss Anordnungen hoheitlicher Natur treffen.

 

Weitere Delikte des 15. Titels Strafbarkeiten gegen die öffentliche Gewalt

 

289 Bruch amtlicher Beschlagnahme

Von Behörden zu beschlagnahmenden Sachen/ bereits beschlagnahmte Sachen verstecken, oder wieder wegnehmen ist verboten.

 

Art. 290 Siegelbruch

Verschlossene Türen, Sachen, Bereiche öffnen und Zutritt verschaffen fällt unter Art. 290. Ebenso Identifikationssiegel/ Stempel usw. aufheben.
Der Erfolg ist, wenn der Täter das Siegel bricht, ein weiterer Schritt (z.B. Kenntnisnahme des Briefes, Betreten des Hauses) ist nicht erforderlich.)

 

Art. 291 Verweisungsbruch

Wer eine Kantons- oder Landesverweisung i.S.d. Art. 66a bricht, d.h. nach Verweisung wieder einreisen oder gar nicht erst ausreisen (in diesem Fall Dauerdelikt).
Täter können nur Ausländer oder Staatenlose sein, Schweizer Staatsangehörige können aufgrund der Niederlassungsfreiheit (Art. 24 BV) niemals ausgewiesen werden.

 

Art. 292 Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen

Dieser Art. ist ein Sonderdelikt, da nur der Adressat der Verfügung Täter sein kann. Wenn er einer Verfügung, Anordnung oder Gerichtsentscheid keine folge leisten also etwas tut, was er nicht darf oder etwas unterlässt was er tun sollte.

Im Gegensatz zu Art. 285 ist das blosse nichtbefolgen einer hoheitlichen Anordnung strafbar.
Art. 292 ist sehr weit gefasst (Blankettbestimmung) und wird oft im Verwaltungsrecht angewendet. Es handelt sich um eine repressive Sanktion.

 

Art. 293 Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen

Durch die Einführung des BGÖ im Jahre 2004 wurde mit Art. 6 BGÖ das Öffentlichkeitsprinzip eingeführt. D.h. grds. sind alle Infos in amtlichen Dokumenten sind öffentlich. Vorbehalten bleiben Ausnahmen gem. Art. 7,8 und wenn es sich um Landesinteressen handelt.

Der Täter wird bestraft, wenn er etwas was geheim gehalten werden darf, vorsätzlich an die Öffentlichkeit bringt.

Gem. Abs. 3 kann von Strafe abgesehen werden, wenn das Geheimnis eine geringe Bedeutung hatte.

 

Art. 294 Missachtung eines Tätigkeits-/ Kontakts- oder Rayonverbots

Gem. Art. 67 StGB können solche Verbote ausgesprochen werden. Werden sie nicht eingehalten wird der Täter bestraft. Es ist ein Vorsatzdelikt sowie ein Sonderdelikt, da der Täter nur derjenige sein kann, der mit solch einem Verbot belastet ist.

Straftaten gegen die öffentliche Gewalt Strafrecht # 17

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