Mietvertrag (253-273c OR)
Beim Mietvertrag wird eine Sache zeitweise zum Gebrauch überlassen gegen Entgelt. Der Mietvertrag ist ein synallagmatisches Dauerschuldverhältnis.
Das Mietrecht ist ein soziales Recht. Der Mieter geniesst einen besseren Schutz als der Vermieter besonders bei Wohnungsmiete.
Überblick über das Mietrecht
Erster Abschnitt(253-268b): Allgemeine Bestimmungen und Differenzierung nach Mietobjekt.
Zweiter Abschnitt (269-270e): Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen und anderen missbräuchlichen Forderungen des Vermieters bei Wohn- und Geschäftsräumen.
Dritter Abschnitt (271-273c): Kündigungsschutz bei der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen.
Abgrenzung zu anderen Vertragstypen
Kaufvertrag (184 ff. OR)
Kaufvertrag: gerichtet auf Übertragung von Eigentum und Besitz
Mietvertrag: lediglich zeitweise Überlassung des Gebrauchs. Mieter wird nicht Eigentümer der Mietsache aber Besitzer.
Leasingvertrag (Innominatvertrag, ungeregelt)
beinhaltet ebenfalls Gebrauchsüberlassung, Kosten für Unterhalt und Gefahr trägt aber der Leasingnehmer.
Pachtvertrag (275 ff. OR)
Pachtvertrag: gerichtet auf Überlassung des Gebrauchs und des Bezugs der Früchte oder Erträgnisse der Pachtsache
Mietvertrag: lediglich Überlassung zum Gebrauch der Mietsache, keine Fruchtziehung.
Gebrauchsleihevertrag (305 ff. OR)
Gebrauchsleihevertrag: quasi unentgeltlicher Mietvertrag.
Mietvertrag: Überlassung zum entgeltlichen Gebrauch. Mieter schuldet Mietzins (253 OR)
Darlehensvertrag (312 ff. OR)
Darlehensvertrag: (Kreditvertrag) Vorübergehende Verfügungstellung von Geld oder vertretbaren Sachen. Am Ende des Darlehensvertrags Pflicht des Borger zur Rückerstattung von Sachen der gleichen Art in gleicher Menge und Güte, aber nicht genau dieselbe Sache.
Mietvertrag: Am Ende des Mietvertrages Pflicht des Mieters zur Rückgabe derselben Mietsache.
Einfache Gesellschaft (Art. 530 ff.)
Einfache Gesellschaft: Gerichtet auf Erreichung eines gemeinsamen Zwecks mit gemeinsamen Kräften/Mitteln (Interessengleichlauf der Gesellschafter)
Mietvertrag: Austauschverhältnis zwischen Vermieter und Mieter (Interessengegensatz – einer will Geld der andere eine Sache)
Zustandekommen eines Mietvertrages
Es gelten die allgemeinen Vertragsschlussregeln gem. 1 ff. OR.
Die Essentialia negotii sind: Gebrauchsüberlassung, Mietgegenstand und bestimmbarer Mietzins.
Es gibt keine Formerfordernisse, mündliche oder konkludente Mietverträge sind gültig.
Ausnahmen: 270 II: Der Kanton kann ein sog. Formularzwang anordnen bei Wohnungsmangel.
Grds. gilt Inhaltsfreiheit, jedoch wird die Eingeschränkt:
- Ungültigkeit bestimmter indexierter Mietzinsen (269b f.)
- Halbzwingende Regeln zum Mieterschutz (256 I, II) und Kündigungsschutz (273c)
- Anfechtbarkeit missbräuchlicher Miethöhe (269 ff)
Pflichten der Parteien
Leistungsstörungen
Rechte des Vermieters
257d: Bei Zahlungsverzug des Mieters
Der Vermieter kann dem Mieter eine schriftliche Nachfrist setzen und dabei ausdrücklich die Kündigung androhen. Gem. 257d beträgt die Frist min. 10 Tage und bei Wohn- und Geschäftsräumen min. 30 Tage. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist, kann er dem Mieter schriftlich(266l) kündigen. Bei Wohn- und Geschäftsräumen mit einer weiteren Frist von min. 30 Tagen auf Ende des Monats und bei anderen Mietsachen Fristlos.
– Der Vermieter hat ausserdem einen Anspruch auf Schadenersatz.
Er kann das positive Interesse verlangen, also der entgangene Gewinn der vorzeitigen Kündigung bis zum Tag der objektiven Weitervermietbarkeit.
257f III: Bei Verletzung der Pflicht des sorgfältigen Gebrauches
Der Mieter haftet für seine Hilfspersonen (101) Gäste usw. und auch für seine Mitmieter.
– Der Vermieter hat ein Schadenersatzanspruch gem. 97 I.
– Der Vermieter hat ausserdem ein besonderes Kündigungsrecht, wenn die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar erscheint. (257 III)
Rechte des Mieters
Es kommt darauf an, ob die Leistungsstörung bei der Übergabe der Mietsache bereits besteht (258 OR), oder erst während der Mietdauer hervorkommt (259 ff. OR).
Leistungsstörung bei Übergabe der Sache (Mietbeginn) 258 OR
Verzug: Verspätung der Übergabe
Dazu ist i.d.R. Mahnung (102) nötig, ausser bei vereinbartem Zeitpunkt (Verfalltagsgeschäft 102 II)
und Nachfristsetzung (107 I) ausser bei Entbehrlichkeit (108) nötig.
Rechtsfolgen: Wahlrecht gem. 107 II – 109 OR.
Mangel: Übergabe mit schwerwiegendem Mangel
Der Mieter hat ein Wahlrecht gem. 258 I, II:
Ablehnung der mangelhaften Mietsache (258 I) und Rechtsfolgen nach 107-109.
Übernahme der Mietsache trotz Mängel (258 II) und Rechtsfolgen nach Mieterrecht (259a-259i)
Mangel: Übergabe mit lediglich mittlere/ kleine Mängel
Gem. 258 III hat der Mieter nur Rechtsfolgen nach Mieterrecht (259a ff.)
Es gibt drei Schweregrade von Mietmängeln: schwerwiegend, mittlere und kleine Mängel.
Ob ein Mangel vorliegt benötigt ein Vergleich zwischen vertraglich vereinbartem und tatsächlichem Zustand.
Leistungsstörung während Mietdauer OR
Ein Mangel egal welches Schweregrades während der Mietdauer führt zu 4 Rechtsfolgen gem. 259a I lit. a, b, c und d.
lit. a: der Mieter kann die Beseitigung des Mangels verlangen. Kennt der Vermieter den Mangel und beseitigt ihn innert angemessener Frist nicht, so hat der Mieter 3 sekundäre Rechtsbehelfe.
lit. b: Minderung ist zusätzlich neben lit. a möglich.
lit. c: Schadenersatz hat der Vermieter zu leisten sofern er sich nicht exkulpieren kann. (259e)
lit. d: Erhebt ein Dritter Anspruch auf die Mietsache, weil er behauptet sie gehöre ihm, kann der Mieter verlangen, dass der Vermieter den Rechtsstreit mit dem Dritten führe.
Anfechtung missbräuchlicher Mietzinsen 269 ff. OR
Unter missbräuchlichen Mitzinsen versteht man zu hohe Mietzinse. Die Art. 269 ff. nennen Regeln ab wann Mietzinse zu hoch sind.
Die Grundregel 269 besagt, dass sie zu hoch sind, wenn ein übersetzter Ertrag erzielt wird oder wenn die Mietzinse auf einem offensichtlich übersetzten Kaufpreis beruhen.
270 ff. Missbräuchliche Mietzinse können angefochten werden. In Krassen Fällen (269d) sind Mietzinse direkt nichtig und müssen somit nicht zuerst angefochten werden.
Beendigung des Mietvertrags
Da ein Mietvertrag ein Dauerschuldverhältnis ist wird er durch Kündigung beendigt. Ein Kaufvertrag ist beendigt im Zeitpunkt der Erfüllung aller Parteipflichten.
Ein Mietvertrag kann befristet (266 I) oder unbefristet (266a) sein. Bei befristetem Mietverhältnis endet es durch Zeitablauf d.h. ohne Kündigung. Bei stillschweigender Fortsetzung des Mietverhältnisses beider Parteien gelten die Regeln über die unbefristete Miete.
Ordentliche Kündigung 266a ff.
Ordentlichen Kündigung kann jederzeit von beiden Parteien ausgesprochen werden. Es ist die Aufhebung des Dauerschuldverhältnisses. Die ordentliche Kündigung ist nicht zu verwechseln mit der Kündigung aufgrund eines Fehlverhaltens des Vertragspartners (257d, 257f, 259b).
Kündigungsfristen stehen in 266a-f.
Die Kündigungserklärung ist ein Gestaltungsrecht. Um es auszuüben ist eine zugangsbedürftige Willenserklärung erforderlich. Bei Familien/eingetragenen Partnerschaften müssen die Ehegatten/Partner zustimmen.
Die Kündigung muss schriftlich erfolgen (266l). Kündigt der Vermieter hat er je nach Kanton ein spezielles Formular dafür zu verwenden.
Ausserordentliche Kündigung 266g ff.
Die ausserordentliche Kündigung ist eine vorzeitige Vertragskündigung aus besonderem Grund, wenn deshalb die Fortsetzung aus objektiver Hinsicht unzumutbar ist. Dieser besondere Grund darf bei Vertragsschluss nicht voraussehbar sein. Z.B. Naturkatastrophe, Wirtschaftskrise usw.
Es gibt ausserordentliche Kündigung bei befristeten oder auch unbefristeten Mietverträgen. Es ist ebenfalls keine Kündigung aufgrund eines Fehlverhaltens einer Vertragspartei.
Gem. 266g II kann es sein, dass der Kündigende eine Schadenersatzpflicht hat.
Rechtsfolgen der Beendigung eines Mietverhältnisses, Art. 267 f.
Bei Beendigung des Mietverhältnisses haben die Parteien ihre Hauptpflichten nicht mehr zu erfüllen.
Der Mieter muss die Sache in dem Zustand, der sich aus ordnungsgemässem Gebrauch ergibt, zurückgeben (267 I).
Eine verhältnismässige Abnutzung der Sache ist normal und wird bereits mit dem Mietzins abgegolten. Eine Übermässige Abnutzung kann zu einem SE-Anspruch des Vermieters führen. Der Vermieter hat die Obliegenheit die Sache zu prüfen und Mängelrüge zu machen (267a).
Die Mietkaution muss der Vermieter zurückzahlen.
Dritter Abschnitt – Kündigungsschutz
Kündigungsschutz bei Wohn- und Geschäftsraummiete 271 f.
271 OR: ist eine Ausnahme dazu, dass das Mietverhältnis jederzeit grundlos gekündigt werden kann.
die Regeln von 271-273c gelten nur zugunsten des Mieters und nicht zugunsten des Vermieters.
Eine treuwidrige Kündigung von Mietverträgen über Wohn- oder Geschäftsräume kann vom Mieter angefochten werden. (271) Treuwidrig ist die Kündigung dann, wenn sie schikanös ist oder ein krasses Missverhältnis der Parteiinteressen hervorruft. Je höher das Fortführungsinteresse des Mieters ist, umso gewichtiger muss der Kündigungsgrund sein.
Der Mieter hat einen Anspruch darauf zu erfahren, was der Kündigungsgrund ist. (271 II)
272 OR: Der Mieter kann eine Erstreckung des Mietverhältnisses verlangen, wenn Kündigung zwar grds. rechtmässig aber für Mieter unzumutbare Härte darstellt.
Mietvertrag und Dritte
Wechsel des Eigentümers der Mietsache, Art. 261 ff.
«Kauf bricht nicht Miete»: Wird das Haus veräussert (Eigentümerwechsel) geht das Mietverhältnis auf den neuen Eigentümer über. Alle Konditionen bleiben bestehen.
Ausnahme: Erbgang (560 ZGB), Vertragsübernahme (181 FusionsG) wird der Mietvertrag gebrochen.
Der neue Vermieter hat aber einen Grund für ausserordentliche Kündigung (261 II).
Untermiete, Art. 262
Wenn der Mieter einen weiteren Mietvertrag mit einem Untermieter abschliesst. Gem. BGer ist eine Untervermietung nur, wenn der Mieter beabsichtigt, die Untermietung nur vorübergehend weiterzuvermieten.
Grds. ist Untermiete erlaubt, er braucht aber die Zustimmung des Vermieters. Die Zustimmung kann der Vermieter nur verweigern, wenn lit. a, b oder c zutreffen.
Übernachtung durch Freunde oder Couchsurfing ist keine Untervermietung, sondern eher Gebrauchsleihe (305 OR) und somit erlaubt.
Wird die Wohnung aber dauernd so verwendet, ist es irgendwann nicht mehr «ordnungsgemässer Gebrauch der Mietsache» (257f)
Pachtvertrag 275 ff. OR
Der Pachtvertrag ist wie ein Mietvertrag, der Pächter hat aber zusätzlich zum Gebrauch der Sache auch das Recht Früchte und Erträgnisse daraus zu ziehen.
Pachtverträge können auch über nutzbare Rechte abgeschlossen werden und nicht nur Sachen.
Pachtgegenstände können sein: Vieh, Nutzflächen für Obst- oder Gemüseanbau, Hotel, Unternehmen, Immaterialgüterrechte, Forderungen, Jagd- und Fischereirechte.