Die restlichen Handlungsformen

 

Neben der Verfügung gibt es die restlichen Handlungsformen: Verwaltungsrechtlicher Vertrag, Plan, Realakt, Rechtsverordnung, Verwaltungsverordnung, Dienstbefehl, Zivilrechtliches Handeln.

 

Übersicht

  • Verwaltungsrechtlicher Vertrag
  • Plan
  • Realakt
  • Rechtsverordnung
  • Verwaltungsverordnung
  • Dienstbefehl
  • Zivilrechtliches Verhandeln

 

Verwaltungsrechtlicher Vertrag

Definition Verwaltungsrechtlicher Vertrag: Vertrag, der auf zwei übereinstimmenden Willenserklärungen beruht und konkrete Verwaltungsrechtliche Verhältnisse regelt.

Der Vertrag beruht auf Konsens, der ausgehandelt wurde zwischen der öffentlichen Behörde und dem Privaten (nat. oder jur. Person), wohingegen z.B. die Verfügung eine einseitige Anordnung ist und die Privaten nicht mitreden können.

Falls keine öffentlich-rechtlichen Regelungen bestehen gelten die Normen des OR für verwaltungsrechtliche Verträge.
Gegen den Vertragsschluss kann grds. keine Beschwerde eingereicht werden, ausser wenn eine Verfügung dabei war. Gegen Verfügungen hat man immer ein Rechtsmittel.

 

Zivilrechtlicher- oder Verwaltungsrechtlicher Vertrag

Es kommt nicht drauf an, wer die Parteien sind, sondern welcher Inhalt geregelt wird.
Ein Verwaltungsrechtlicher Vertrag kann somit auch zwischen zwei Privaten bestehen. (Eine Eisenbahngesellschaft enteignet einer Privatperson ihr Haus.)

  • unmittelbare Erfüllung einer Verwaltungsaufgabe Verwaltungsrechtlicher Vertrag
  • nur mittelbare Erfüllung einer Verwaltungsaufgabe Zivilrechtlicher Vertrag

 

Arten von Verwaltungsrechtlichen Verträgen

Die restlichen Handlungsformen, Koordinationsrechtliche Verwaltungsverträge, auf Augenhöhe
im koordinationsrechtlichen Verwaltungsvertrag sind die Parteien auf Augenhöhe.

Koordinationsrechtliche Verträge (auf Augenhöhe)
zwischen Verwaltungsträgern (Bund, Kanton, Gemeinde,
mit Verwaltungsaufgaben betrauten Institutionen).

Die restlichen Handlungsformen, subordinationsrechtlicher Verwaltungsvertrag, nicht auf Augenhöhe,
Im subordinationsrechtlichen Verwaltungsvertrag sind die Parteien nicht auf Augenhöhe.

Subordinationsrechtliche Verträge (nicht auf Augenhöhe)
Zwischen Verwaltungsträgern und Privaten.
Innerer Widerspruch: Vertrag, aber nicht auf Augenhöhe.

Voraussetzungen für Subordinationsrechtlicher Vertrag

  1. Gesetz darf den Vertrag im konkreten Bereich nicht ausschliessen
  2. Vertrag erscheint angemessener als Verfügung in dieser Situation z.B. bei:
    1. Dauerhafte gegenseitige Bindung
    2. Leistungen können mittels Verfügung nicht erzwungen werden
    3. Ermessensspielraum, der konsensual durch Verhandlung zu konkretisieren ist.
    4. Konfliktvermeidung durch Einigung – nicht anordnen durch Verfügung
  3. Vertrag muss rechtmässig bleiben

Bsp. für Verwaltungsrechtliche Verträge: Enteignungsvertrag, Übertragung öffentlicher Aufgaben auf Private, öffentlich-rechtliche Arbeitsverträge.

 

Auslegung von verwaltungsrechtlichen Verträgen

Vertrauensprinzip in Kombination mit der Vermutung dass Verwaltung Verträge abschliesst um damit im Sinne des öffentlichen Interesses zu handeln.

 

Fehlerhafte verwaltungsrechtliche Verträge

Ursprüngliche Fehlerhaftigkeit

Je nach Schwere des Fehlers ergeben sich unterschiedliche Rechtsfolgen.

Kleine Fehler

Anfechtbarkeit

z.B. Unzulässigkeit der Vertragsform,

Mittlere Fehler

Widerrufbarkeit

z.B. offensichtliche Unzuständigkeit der addressierten Behörde aber man kann nicht einfach den Vertrag aufheben, weil die Rechtssicherheit gefährdet wäre.

Schwere Fehler

Nichtigkeit

z.B. fehlende Schriftform, offensichtliche Unzuständigkeit der addressierten Behörde, Wesentlicher Irrtum gemäss OR 23 ff.

Nachträgliche Fehlerhaftigkeit

Anpassung an veränderte Rechtslage: Wohlerworbene Rechte können niemandem weggenommen werden ausser auf dem Weg der Enteignung.
Wohlerworbene Rechte sind bestandskräftig und nur schwer abänderbar, weil sie einem Privaten gegenüber dem Gemeinwesen zustehen und auf Verwaltungsrecht basieren.

 

Beendigung von verwaltungsrechtlichen Verträgen

  • Erfüllung
  • Erreichen eines Befristungsdatums
  • Unmöglichkeit, Schuldnererlass, Verrechnung
  • Kündigung, falls als möglich vereinbart
  • Auflösung durch Verwaltungsgericht, Enteignung

 

Plan

 

Definition Plan

Eine Zusammenfassung von zukunftsorientierten Schritten zur Steuerung künftigen Handelns.
Bsp.: Raumplan, legt fest was Bauland ist, detailliert in Parzellen, richtet sich an Private.

Eine Planung als Problemlösungsmethode gliedert sich in 4 Stufen:
Problemanalyse, Zielfindung, Handlungsbeiträge, Kontrolle

Nach der Eröffnung eines Plans hat man Anspruch auf rechtliches Gehör, und wenn dieses nicht gewährt wird auf Rechtsschutz, mit dem man eine Planänderung herbeiführen kann.

 

Richtplan und Nutzungsplan

Beides sind Pläne, die die Bodennutzung in der Schweiz regeln.

Der Richtplan ist ein unscharfer, grober Plan, der sich an Behörden richtet und grob Leitlinien in einer Sache festlegt. Da er sich nicht direkt an Private richtet besteht kein Anspruch auf rechtliches Gehör oder Anfechtbarkeit durch Private.

Der Nutzungsplan ist ein detaillierter Plan bei dem genau festgelegt wird, wo Bau-, Landwirtschafts- und Schutzzonen sind. Er regelt Rechte und Pflichten von Privaten und deshalb besteht ein Anspruch auf rechtliches Gehör und Anfechtung.

 

Realakt

 

Definition Realakt

Realakte sind alle Verwaltungsmassnahmen die keinen Rechtserfolg (Rechte und Pflichten) begründen wollen, sondern einen tatsächlichen Erfolg/ Veränderung herbeiführen.

 

Arten von Realakten

  • schlichtes Verwaltungshandeln (Polizeiliche Wegweisung von Bahnhof)
  • Vollstreckungshandlungen (Strafe vollstrecken, Verfügung vollstrecken)
  • unmittelbarer Vollzug (Vollzug, Ausführung, Durchsetzung einer Verfügung)
  • Auskünfte und Zusicherungen (→ wichtigster Anwendungsfall des Vertrauensschutzes!)
  • Warnungen und Empfehlungen (Warnung vor Vacherin-Käse, Empfehlung nicht zu rauchen)
  • informelle Absprachen (Behörden und Private arrangieren sich konsensual untereinander)

 

Rechtliche Bedeutung

Wenn rechtliche Verhältnisse geregelt werden müssen, muss ein Rechtsakt erlassen werden und nicht ein Realakt.
Bei einer Baubewilligung braucht es eine Verfügung, die Behörde kann nicht einfach kommen und sagen: «ja, schon gut bauen sie doch einfach mal» (Realakt genauer: Informelle Absprache)

 

Rechtsschutz gegen Realakte

Da ein Realakt keine Rechtshandlung darstellt, gibt es kein Rechtsschutz. (sog. Rechtsschutzdefizit)

Vorgehensweise gegen einen Realakt (Art. 25a VwVG)

Wenn man sich gegen einen Realakt wehren möchte, braucht man ein Schutzwürdiges Interesse. Dieses ist gegeben bei Wichtigkeit und wenn die eigene persönliche Situation betroffen ist. Immer wenn Rechte und Pflichten berührt werden, hat man ein schutzwürdiges Interesse.

Man kann dann verlangen, dass die Behörde:

  • Die widerrechtliche Handlung einstellt, unterlässt oder widerruft;
  • Die Folgen der widerrechtlichen Handlung beseitigt;
  • Die Widerrechtlichkeit der Handlung feststellt.

Die Behörde entscheidet dann mit einer Verfügung ob sie dem Verlangen folgen oder nicht. Diese Verfügung stellt ein gültiges Anfechtungsobjekt dar.

Rechtsschutz gegen Realakte aus Art. 29a BV

Wenn «in vertretbarer Weise geltend gemacht wird»- BGer, ein Recht, welches in Verfassungs-, Gesetzes- oder Verordnungsrecht eingeräumt wird, sei durch einen Realakt der Behörden verletzt.

 

Rechtsverordnung

Das sind die normalen Verordnungen, die unter der Stufe der Gesetze, welche unter der Stufe der Verfassung stehen. Sie enthalten Normen, die generell-abstrakt für alle Menschen in der Schweiz bzw. Kanton gelten. 

 

Verwaltungsverordnung

Dabei handelt es sich um Regelungen, die Verwaltungsintern von einer höhergestellten an die unterstellte Behörde gerichtet sind. Sie regeln die Organisation und sind Dienstanweisungen innerhalb einer Behörde.

 

Dienstbefehl

 

Dienstbefehl Definition

Der Dienstbefehl ist wie die Verfügung ein individuell-konkrete, hoheitliche einseitige Aufforderung etwas zu tun, dulden oder unterlassen.

Der Unterschied ist, dass sich eine Verfügung auf Private, und ein Dienstbefehl auf eine untergeordnete Stufe innerhalb der Behörde bezieht.

Grundverhältnis und Betriebsverhältnis

Ein Staatsangestellter bekommt seine Rechte, Pflichten und Aufgaben mittels einer Verfügung auferlegt. (Grundverhältnis)
Mit dem Dienstbefehl werden Organisation und Ablauf der bereits bestimmten Verpflichtungen konkretisiert. (Betriebsverhältnis)

Rechtsschutz gegen Dienstbefehle

Erstens ist zu prüfen, ob es innerhalb der Institution eine Rekursmöglichkeit oder eine andere Form des Rechtsschutzes gibt.

Wenn auf den Dienstbefehl eine Verfügung ergeht, ist die Verfügung Anfechtungsobjekt.
Gibt es nur einen Realakt, muss dieser über den Weg von Art. 25a VwVG gerügt werden, mit der Begründung, dass der Dienstbefehl Gesetzes- oder Verfassungswidrig sei.

 

Zivilrechtliches Handeln

Behörden können nicht nur hoheitlich- (als Staat auftreten und bestimmen), sondern auch zivilrechtlich handeln (So als ob er eine nat. / jur. Privatperson wäre)

 

Zulässigkeit

Zulässig ist das Zivilrechtliche Handeln, wenn in einem Bereich Zivilrecht angewendet wird.
Bsp. wenn Armeematerial von Privaten Herstellern gekauft wird, Bau von Strassen oder Gebäuden, Transportvertrag im öff. Verkehr, Lieferung von Energie durch Kraftwerk, Verwaltung des Steuervermögens durch Handel mit Wertpapieren.

 

Grundrechtsbindung

Ist der Staat auch bei Zivilrechtlichem Handeln an die Einhaltung der Grundrechte gebunden?

Grundsatz: Wer Staatliche Aufgabe wahrnimmt ist an die Grundrechte gebunden – Art. 35 II BV.

Unumstritten ist die Bindung an GR, wenn der Staat sich in einem Monopolbereich befindet (Postsendungen unter 50g)
Umstritten ist die Bindung an GR, wenn der Staat als Privater Player in einem wirtschaftlich umkämpften Markt auftritt und sich gegen Private Konkurrenten durchsetzen muss.

Argument: Staat soll nicht an GR gebunden sein
Das Argument «der gleich langen Spiesse»: Die Bindung an GR ist ein Nachteil für den Staat gegenüber den anderen Konkurrenten im Wettbewerbshandeln. Er soll nicht dran gebunden sein, damit er im Wettbewerb mit gleich langen Spiessen mithalten kann.

Argument: Staat soll an GR gebunden sein
Der Grundsatz des Art. 35 II BV muss immer gelten. Die Grundrechtsbindung für den Staat kann ein bisschen weniger intensiv sein also ein bisschen gelockert werden im Wettbewerbshandeln.

 

Submissionsrecht

Submissionsverfahren Mischung aus öffentlich- und zivilrechtlichem Handeln

Wenn der Staat einen Auftrag für ein Tunnel, Kraftwerk, Staudamm, Stadion usw. and Private Bauunternehmen gibt, findet ein sog. Submissionsverfahren statt. Dabei wird eruiert, welche Firma den Auftrag bekommt.

  1. Ausschreibung (öffentlich zugänglich)
  2. Auswertung der Offerten (Punktesystem nach obj. Kriterien)
  3. Entscheid über Vertragsschluss durch Verfügung (Für wen sich der Staat entschieden hat, die anderen können Verfügung anfechten und das Punktesystem kritisieren)
  4. Abschluss eines Privatrechtlichen Vertrages (OR Auftrag / Werkvertrag)
  5. Vollzug des Vertrages (Bei Leistungsstörungen Prozess vor einem Zivilgericht)
Die restlichen Handlungsformen Verwaltungsrecht # 5

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