Urkundendelikte

 

Urkundendelikte sind im Schweizer Recht in den Art. 251-257 geregelt und schützen den Rechtsverkehr in 3 Richtungen:

  • Gewährleistung der Identität des Ausstellers (Echtheitsschutz) – Art. 251 Ziff. 1 Abs.2 und 3
  • Gewährleistung der Inhaltlichen Wahrheit der Urkunde – Art. 252, 253
  • Gewährleistung der Verfügbarkeit der Urkunde als Beweismittel – Art. 256, 257

 

Definition Urkunde

 

Legaldefinition Art. 110 Abs. 4:

Urkunden sind Schriften, die bestimmt und geeignet sind, oder Zeichen, die bestimmt sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Die Aufzeichnung auf Bild- und Datenträgern steht der Schriftform gleich, sofern sie demselben Zweck dient.

h.L:

1. Die (dauerhafte) Verkörperung einer menschlichen Gedankenerklärung, (mit Schrift, oder bildlich-symbolischer Darstellung, auch möglich digital gespeichert)

2. die bestimmt und geeignet ist, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen und (Entstehung, Veränderung, Aufhebung oder Feststellung eines Rechts kann durch die Urkunde bewirkt werden
Beweiskraft:
Beweiseignung:
Absichtsurkunden: Urkunde, mit dem primären Ziel als Beweismittel zu dienen – Führerschein
Zufallsurkunde: Urkunde, die nebenbei auch als Beweismittel dienen kann – Liebesbrief)

3. die einen Aussteller erkennen lässt (Aussteller ist eine Privatperson/ juristische Person, die durch die Urkunde erkennbar ist)

 

Öffentliche Urkunden gemäss Art. 110 Abs. 5

Zusätzlich zu den Anforderungen des Art. 110 Abs. 4, kommen:

  • Aussteller ist eine Behörde oder Person des öffentlichen Glaubens
  • Handeln im Rahmen hoheitlicher Funktion

 

Übersicht Urkundenfälschung

Urkundendelikte, Urkundenfälschung, Fälschen, Verfälschen, Blankettfälschung, Falschbeurkundung, Gebrauch,
Übersicht über die Urkundendelikte

 

Art. 251 Ziff.1 Abs. 2 Var. 1/2 Urkundenfälschung

Unechte Urkunde wird hergestellt.

Urkundenfälschung ist sowohl ein abstraktes Gefährdungsdelikt (eine grds. sehr gefährliche Situation wird geschaffen) als auch ein Tätigkeitsdelikt (die Tathandlung allein ist strafbar auch wenn kein Erfolg eintritt).

  1. Tatbestand
    1. Obj. Tatbestand
      1. Tatobjekt (Urkunde)
      2. Tätereigenschaft (jeder)
      3. Handlung (Herstellen einer unechten Urkunde d.h. der scheinbare Aussteller ist nicht der wirkliche Aussteller)
        1. Totalfälschung (herstellen einer neuen, unechten Urkunde)
        2. Verfälschen (abändern des Inhalts einer bereits bestehenden Urkunde)
        3. Blankettfälschung (Verwenden der echten Unterschrift oder des echten Handzeichens eines anderen)
    2. Subj. Tatbestand
      1. Vorsatz
      2. Absicht zur Täuschung
      3. Schädigungs- und/ oder Vorteilsabsicht (nicht nur Vermögen, sondern auch Persönlichkeitsrechte sind geschützt, z.B. guter Ruf, Liebesbeziehung)
  2. Rechtswidrigkeit
  3. Schuld
  4. Sonstige Strafbarkeitsvoraussetzungen

 

Art. 251 Ziff.1 Abs. 2 Var. 3 Falschbeurkundung

Falschbeurkundung deckt nur einen kleinen Teil ab. Unwahre/falsche Urkunde wird hergestellt.

  1. Tatbestand
    1. Obj. Tatbestand
      1. Tatobjekt (Urkunde)
      2. Tätereigenschaft (jeder)
      3. Handlung (Errichtung einer echten, aber inhaltlich unwahren Urkunde d.h. der beurkundete- und der wahre Sachverhalt stimmen nicht überein.
        Abgrenzung zur straflosen, schriftlichen Lüge ist eine qualifizierte Beweiseignung mit erhöhter Überzeugungskraft oder, wenn dem Aussteller eine besonders vertrauenswürdige garantenähnliche Stellung zukommt.)
    2. Subj. Tatbestand
      1. Vorsatz
      2. Absicht zur Täuschung
      3. Schädigungs- und/ oder Vorteilsabsicht (nicht nur Vermögen, sondern auch Persönlichkeitsrechte sind geschützt, z.B. guter Ruf, Liebesbeziehung)
  2. Rechtswidrigkeit
  3. Schuld
  4. Sonstige Strafbarkeitsvoraussetzungen

 

Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3 Verwenden einer unechten/ unwahren Urkunde zur Täuschung

  1. Tatbestand
    1. Obj. Tatbestand
      1. Tatobjekt (Urkunde)
      2. Tätereigenschaft (jeder)
      3. Handlung (eine unechte oder unwahre Urkunde gebrauchen oder zugänglich machen
        Achtung: Kenntnisnahme, des zu Täuschenden oder Täuschungserfolg ist nicht erforderlich)
    2. Subj. Tatbestand
      1. Vorsatz
      2. Absicht zur Täuschung
      3. Schädigungs- und/ oder Vorteilsabsicht (nicht nur Vermögen, sondern auch Persönlichkeitsrechte sind geschützt, z.B. guter Ruf, Liebesbeziehung)
  2. Rechtswidrigkeit
  3. Schuld
  4. Sonstige Strafbarkeitsvoraussetzungen

 

Art. 252 Fälschung von Ausweisen

Fälschung von Ausweisen ist sehr ähnlich wie Urkundenfälschung. Es handelt sich bei Art. 252 um eine Privilegierung zu 251. Die lex specialis Regel gilt hier.
Die Abgrenzung ist das TB-Merkmal «Absicht sich oder einem anderen das Fortkommen zu erleichtern».

  1. Tatbestand
    1. Obj. Tatbestand
      1. Tatobjekt (Ausweisschrift, Zeugnis, Bescheinigung (1))
      2. Tätereigenschaft (jeder)
      3. Handlung (fälschen, verfälschen oder Gebrauch machen zur Täuschung (2))
    2. Subj. Tatbestand
      1. Vorsatz
      2. Absicht sich oder einem anderen das Fortkommen zu erleichtern (damit sind legale Chancen gemeint, Besserstellung an sich darf nicht unrechtmässig sein)
  2. Rechtswidrigkeit
  3. Schuld
  4. Sonstige Strafbarkeitsvoraussetzungen

 

(1) Ausweisschriften, Zeugnisse, Bescheinigungen

Ausweisschriften: Papiere, die der Feststellung der Identität, der Standes- oder Familienverhältnissen einer Person dienen.
Zeugnisse: Bescheinigungen über eine bestimmte Ausbildung oder über bisherige Leistungen
Bescheinigungen (Generalklausel): Alles übrige, das das Fortkommen erleichtern kann

 

(2) falsch beurkunden lassen

Achtung das «falsch beurkunden lassen» des Art. 251 ist in diesem TB nicht erwähnt. Das BGer legt den Art. 252 so aus, dass es doch auch inbegriffen ist. Dies ist kein Verstoss gegen das Analogieverbot in Art. 1, weil 252 eine Privilegierung zu 251 ist und somit eig. nur die Privilegierung auf Kosten des Grundtatbestandes ausgedehnt wird. Dies ist ein Vorteil für den Ausweisfälscher.

 

Art. 254 Unterdrückung von Urkunden

  1. Tatbestand
    1. Obj. Tatbestand
      1. Tatobjekt (Urkunde, über die der Täter nicht allein verfügen darf)
      2. Tätereigenschaft (jeder)
      3. Handlung (beschädigen, vernichten, beiseiteschaffen oder entwenden)
    2. Subj. Tatbestand
      1. Vorsatz
      2. Schädigungs- und/ oder Vorteilsabsicht (dadurch, dass etwas nicht mehr bewiesen werden kann, weil die Urkunde fehlt)
  2. Rechtswidrigkeit
  3. Schuld
  4. Sonstige Strafbarkeitsvoraussetzungen
Urkundendelikte Strafrecht # 12

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